Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Obstbau

Beginn der Erdbeersaison 2022: Herausforderungen und Entwicklungen

Die ersten hessischen Erdbeeren aus dem Folienanbau gelangen auf den Markt – Anlass für Katrin Hetebrügge, Gartenbauberaterin beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) mit Schwerpunkt ‚Beerenobst‘ einen Blick auf die aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen im hessischen Erdbeeranbau zu werfen.

Die Erdbeere ist eine der beliebtesten Obstarten in Deutschland. Insbesondere regional produzierte Erdbeeren erfreuen sich großer Beliebtheit, wie die auf gut 16400 ha gewachsene Anbaufläche in Deutschland zeigt (Quelle: destatis 2021).

Geschützter Anbau wird immer wichtiger

Der Anbauumfang in Hessen ist in den letzten Jahren stabil geblieben. Etwa 170 Betriebe bauten 2021 auf einer Fläche von insgesamt 1.140 ha Erdbeeren an. Durchschnittlich jede dritte Erdbeere stammt* mittlerweile aus dem geschützten Anbau im Folientunnel, Tendenz steigend.

Grundsätzlich kann der Anbau im Folientunnel kontrovers diskutiert werden, doch für die Erzeuger stellt diese Anbauform ein wichtiges Standbein der Einkommenssicherung im Erdbeeranbau dar.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Saison beginnt ca. 4 Wochen vor den Freilanderdbeeren. Witterungseinflüsse spielen im geschützten Anbau keine große Rolle, was die Ertragssicherheit gegenüber dem Freiland deutlich erhöht – im Freilandanbau waren im regnerischen Frühjahr 2021 sowohl Erntemenge als auch Fruchtqualität unbefriedigend.
Zudem ist der Pflanzenschutzmitteleinsatz im geschützten Anbau tendenziell niedriger. Zwar tritt teilweise Mehltau häufiger auf, doch die Grauschimmelfäule, die bedeutendste Pilzerkrankung bei Erdbeeren, bereitet bei einem guten Lüftungsmanagement nur selten Probleme.

Andererseits setzt der geschützte Anbau zunächst hohe Investitionen in die Tunnelanschaffung voraus und die klassischen Wandertunnel müssen regelmäßig auf neue Erdbeerbestände umgesetzt werden.

Inflation und Mindestlohn als Innovationstreiber?

Angesichts des Ukraine-Krieges und der hohen Inflationsrate nimmt das Thema Corona in dieser Saison einen deutlich geringeren Stellenwert ein.

Die allgemeinen Preissteigerungen und Verknappungen betreffen Produktionsfaktoren wie Dünge- und Pflanzenschutzmittel, deren Kosten sich deutlich erhöht haben. Betriebe sehen sich zunehmend gezwungen, Vorratshaltung zu betreiben.

Der bevorstehende deutliche Anstieg des Mindestlohns schafft zusätzlich wirtschaftliche Unsicherheiten. Mechanische Lösungen für die Unkraut- oder auch Rankenentfernung rücken daher zunehmend ins Blickfeld. Je nach Anbausystem sind diese Anbaugeräte für den Schlepper auch in Betriebsgemeinschaften zu nutzen und somit auch für kleinere Erzeuger eine Option.
Insbesondere die Ernte, die nach wie vor per Hand durchgeführt wird, ist personalintensiv. Der Anbau großfrüchtiger Sorten ist eine Möglichkeit, die Effizienz steigern und Pflückkosten im Rahmen halten. Dennoch müssen auch Konsumentenansprüche berücksichtigt werden – und die wünschen sich in der Regel mittelgroße Früchte.
Eine weitere Alternative: der hochtechnisierte Anbau in Stellage. Die aufgeständerten Pflanzrinnen optimieren die Arbeitshaltung und damit die Pflückleistung. Allerdings sind die Investitionskosten für dieses Anbausystem sehr hoch und die fehlende Bodenwärme wirkt sich nachteilig auf die Frühzeitigkeit des Bestandes aus.

Wetter ist ein großer Unsicherheitsfaktor

Letztlich entscheidet das Wetter über den Erfolg der Erdbeersaison: Auch 2022 blieb der Erdbeeranbau von Wetterkapriolen nicht verschont. Auf das, von milden Temperaturen angeregte, früh eingesetzte Wachstum der Erdbeerpflanzen im März folgte Anfang April eine kühle Phase mit einer Reihe von Nachtfrösten. Im geschützten Anbau bietet der Tunnel alleine keinen ausreichenden Frostschutz, doch in Kombination mit einem auf den Erdbeerbeständen liegenden Vlies haben die zu dem Zeitpunkt bereits blühenden Erdbeeren die Fröste ohne Folgen überstanden. In verfrühten Freilandbeständen wurden teilweise Frostschäden verzeichnet, wenn keine Frostschutzberegnung durchgeführt werden konnte.

Die Preise für die Erdbeeren in der Direktvermarkung liegen aktuell in etwa auf Vorjahresniveau. Die Kundschaft darf sich also wieder einige Wochen auf leckere Erdbeeren aus Hessen freuen.

* Hier stand zunächst „Jede sechste Erdbeere“. Korrekt ist „Jede dritte Erdbeere“. (29.04.2022)


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