Rinder
Hitzestress bei Kühen im Sommer vermeiden
Lange Hitzeperioden spielen in der Milchkuhhaltung eine immer größer werdende Rolle. Hitzestress kann bei Kühen die Fruchtbarkeit sowie den Appetit reduzieren; auch sinken Wiederkautätigkeit sowie Milchleistung. Um dem entgegenzuwirken, sollten in den Ställen hitzereduzierende Maßnahmen umgesetzt werden.
Die Beratungskräfte des Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) im Fachgebiet „Beratungsteam Tierhaltung“ beschäftigen sich vermehrt mit dem Thema „Minderung von Hitzestress in der Milchkuhhaltung“ und beraten dazu.
Kühe fühlen sich bis 14 °C wohl
Kühe geben Wärme über die Haut ab und halten durch Atmung und Schweißdrüsen die Körpertemperatur auf einem stabilen Niveau. Wenn der optimale Temperaturbereich, der leistungsbedingt zwischen 0 °C bis 14 °C liegt, überschritten wird, kann die Körperwärme nicht mehr ausreichend abgegeben werden.
Beginnender Hitzestress äußert sich wie folgt: Die Tiere liegen weniger, erhöhen die Atemfrequenz und geben bereits weniger Milch. Tritt Hitzestress während der Trächtigkeit auf, werden zudem die Leistungen nachfolgender Generationen beeinflusst. Um Hitzestress einschätzen und rechtzeitig Maßnahmen ergreifen zu können, empfiehlt sich die Nutzung des Temperature-Humidity-Index (THI). Der THI lässt sich aus der Umgebungstemperatur und der relativen Luftfeuchte berechnen. Ab einem THI-Wert von 68 (milder Hitzestress) sollten Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
Abkühlung verschaffen
Zu den wichtigsten Maßnahmen zählen Ventilatoren und die Verdunstungskühlung. Ventilatoren sorgen in freigelüfteten Ställen für eine erhöhte Luftgeschwindigkeit. Dabei ist eine Luftgeschwindigkeit von > 2 m/s am Tier nötig, um das Wärmepolster um die Kuh aufzureißen und eine ausreichende Abkühlung zu gewährleisten. Die Ventilatoren müssen dazu korrekt im Stall installiert sein und sollten in Hauptwindrichtung über den Liegeboxen angebracht sein. Der Abstand ist abhängig von der Wurfweite. Ventilatoren über dem Futtertisch zeigen wenig Wirkung und trocknen das Futter aus.
Bei der Verdunstungskühlung wird zwischen einem Hoch- und Niederdrucksystem unterschieden. Beim Niederdrucksystem wird das Wasser großtropfig auf die Kühe verteilt. Das Fell wird benetzt und beim Verdunsten des Wassers wird dem Tier Körperwärme entzogen. Die Kuh wird direkt gekühlt.
Beim Hochdrucksystem wird das Wasser vernebelt. Hierbei findet die Verdunstung in der Luft statt, wodurch diese abgekühlt wird. Zu beachten ist, dass die Systeme nur bei einer guten Unterstützungslüftung funktionieren. Ein hoher Luftvolumenstrom am Tier ist für den Abtransport von Luftfeuchte und Wärme nötig. Sensorgestützte Systeme können entsprechend den klimatischen Bedingungen automatisch steuern.
Bauliche Faktoren haben einen Einfluss auf das Stallklima
Auch bauliche Maßnahmen verhindern, dass es im Stall zu warm wird. Helle Dacheindeckungen reflektieren das Sonnenlicht besser und bewirken, dass sich die Dachflächen weniger erhitzen. Zudem lohnen sich mehrschalige Dachaufbauten oder Gründächer. Die Abgabe der Dachflächenwärme kann so verringert werden. Neben diesen Maßnahmen eignen sich Dachüberstände oder Vordächer, die die Sonneneinstrahlung reduzieren. An offenen Fronten sind Windschutznetze oder Rollos, mit denen Luftraten angepasst werden können, förderlich.
Wasser ist das A und O
Wasser ist das wichtigste Futtermittel und sollte immer ausreichend verfügbar sein. Besonders an heißen Sommertagen steigt der Wasserbedarf. Jedes Tier nimmt bis um die 130 L pro Tag auf. Um dies zu gewährleisten, müssen zum einen ausreichend Tränken (< 20 Tieren = mindestens zwei Tränken) im Stall vorhanden sein. Zum anderen muss eine Durchflussmenge von mindestens 20 L pro Minute erreicht werden, um ein natürliches Trinkverhalten zu ermöglichen. Die Tränken sind richtig zu positionieren, regelmäßig zu kontrollieren und zu reinigen, um Verunreinigungen durch Futterreste, Speichel, Kot oder sich bildenden Biofilm zu beseitigen.
Futterqualität, Hygiene- und Haltungsmanagement
Außerdem spielt die Futterqualität eine entscheidende Rolle: Wird weniger Futter aufgenommen, können sich die Reste auf dem Futtertisch schneller erwärmen. Energieverluste treten auf und die Verdaulichkeit wird schlechter. Um dies zu vermeiden, sollte eine hochwertige Silage mit hohem Energiegehalt verfüttert werden. Die Fütterungszeiten sollten auf die kühleren Morgen- und Abendstunden gelegt werden. Ebenfalls können die Rationen häufiger angeschoben oder in mehreren kleinen Rationen am Tag frisch vorgelegt werden. Wenn Kühe schwitzen, verlieren sie zudem wertvolle Mineralien, weshalb sie wieder zugeführt werden müssen. In jedem Fall sollte nacherwärmtes Futter vom Futtertisch entfernt werden.
Um zusätzlichen Stress zu vermeiden, sollten Ställe nicht überbelegt werden und Umtriebsmaßnahmen in die kühleren Morgen- oder Abendstunden verlegt werden. Essenziell sind saubere und trockene Liegeflächen, denn Hitze fördert die Keimbildung.
Weniger Hitzestress führt unmittelbar zu einem besseren Wohlbefinden der Kühe und einer stabileren Leistung. Hierbei ist es wichtig, nicht nur an die Milchkühe, sondern auch an die Kälber und Jungrinder – die Milchkühe von morgen – zu denken. Eine unabhängige Beratung wie die Offizialberatung des LLH für bauliche Maßnahmen, wie zum Beispiel für Lüftung und Kühlung, ist empfehlenswert.
Weitere Informationen finden Sie hier: DLG Merkblatt 450 Vermeidung von Hitzestress bei Milchkühen
Und hier: Podcast des Netzwerks Fokus Tierwohl Hitzestress bei Rindern