Zierpflanzenbau
HessenStern-Projekt im zweiten Jahr
Deutschlands beliebteste Zimmerpflanze, der Weihnachtsstern, soll nachhaltiger werden. Das Projekt „HessenStern“, an dem auch der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) beteiligt ist, blickt nun auf das zweite Projektjahr zurück.
Seit den 50er Jahren gehört der in Mittel- und Südamerika beheimatete Weihnachtsstern zu den beliebtesten und meistverkauften Zimmerpflanzen in Deutschland. Doch oft währt die Freude nicht lange.
Wolfgang Schorn, Mitarbeiter im Fachgebiet Fachinformation Pflanzenbau beim LLH, erklärt warum: „Die anspruchsvollen Pflanzen werden unter Optimalbedingungen in Gewächshäusern angezogen – Bedingungen, die ein Wohnzimmer nicht bieten kann. Wenn vor dem Verkauf keine fachgerechte Anpassung (Adaptation) erfolgt, passiert das, was leider meistens passiert: Der Weihnachtsstern trauert, verliert Blätter und landet alsbald im Müll.“
Zudem kommt als Kultursubstrat sehr oft Torf zum Einsatz. Die Wertschöpfungskette von Weihnachtssternen sah bislang also wenig nachhaltig aus.
Doch das soll sich ändern: Das im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft (EIP) geförderte Projekt „HessenStern“ startete Anfang 2019. Es untersucht, wie eine regionale und nachhaltige Christstern-Produktion aussehen kann. Unter anderem werden die Jungpflanzen aus afrikanischen Fair-Trade-Stecklingen gezogen, torfreduzierte Substrate verwendet und während der Aufzucht wird auf biologischen Pflanzenschutz gesetzt.
Mit der Räumung der Gewächshäuser blickt das Projekt, an dem zwei Praxisbetriebe, ein Substrathersteller, die Hochschule Geisenheim University (HGU) sowie der LLH beteiligt sind, auf das zweite Versuchsjahr zurück.
Torfeinsatz reduzieren, Langlebigkeit fördern
Im ersten Versuchsjahr (2019) wurde im beteiligten Praxisbetrieb und parallel dazu in den Gewächshäusern des LLH und der HGU ein Sortiment von vier roten Weihnachtssternsorten angebaut. Als Standard- bzw. Kontrollvariante diente das bewährte Verfahren des beteiligten Praxisbetriebes, der in einem torfreduzierten Substrat (65 % Torf) kultiviert. An der HGU und im LLH wurden drei weitere Substratmischungen getestet, von denen zwei ganz torffrei waren und eine auf 50 % Torf basierte.
Zudem hatte sich in einem Vorgängerprojekt der HGU gezeigt, dass Weihnachtssterne, die unter einem reduzierten Lichtangebot angezogen wurden, beim Verbraucher langlebiger waren. Daher wurden in der Standardvariante zwei Schattierungen geprüft:
- In der einen Gewächshausabteilung wurden die Schattierungen bereits bei mehr als 10.000 lx Sonnenlicht geschlossen,
- in der anderen erst bei mehr als 50.000 lx (praxisüblich).
Zum Vergleich: In Wohnungen herrschen gerade mal 100-300 lx am Fenster, in der Raummitte meist nur noch 50-100 lx.
Letztlich wurden die unter unterschiedlichen Bedingungen produzierten Pflanzen einem Haltbarkeitstest unter Verbraucherbedingungen (50 lx bei 22 °C, Gießen einmal pro Woche) unterzogen.
Schattierung wirkt sich positiv auf Haltbarkeit aus
Es zeigte sich, dass die unter stärkerer Schattierung kultivierten Pflanzen zwar minimal kleiner waren, aber länger hielten: Nach 8 Wochen (Mitte Januar) wurden sie eine Boniturnote besser bewertet – sie hatten signifikant weniger Laub verloren als die weniger stark schattierten. Allerdings waren die Unterschiede zwischen den Sorten größer als die zwischen den Schattierverfahren.
Zwischen den Substratvarianten (also mit oder ohne Torf) konnten keine Unterschiede hinsichtlich der Haltbarkeit festgestellt werden.
Parallel zur Haltbarkeitstestung fand ein Teil der Weihnachtssterne den Weg zum reellen Kunden. Der Verkauf erfolgte 2019 in Nordhessen über hessische Gartencenter. Bei einer Nachbefragung 6 bis 8 Wochen nach dem Kauf waren noch 70 % der Kunden mit ihrem Weihnachtsstern zufrieden.
2020: Produktion in „Blauen Töpfen“
In diesem Jahr wurden drei Sorten in drei unterschiedlichen Substraten kultiviert: Ein Substrat mit 65 % Torfanteil und zwei torffreie Substrate. Bisher zeigte sich die Kultur in torffreiem Substrat unproblematisch. Einzig das Bewässerungsverhalten torffreier Substrate unterscheidet sich deutlich von den Torfsubstraten – ein Teilaspekt, der weiter untersucht werden muss.In der aktuellen Produktion werden 12 cm Kunststofftöpfe aus Direktrecycling verwendet, was die Ökobilanz weiter verbessern soll. Während des Herstellungsprozesses werden die Töpfe blau eingefärbt und können so in Recyclinganlagen sortenrein aussortiert und geschreddert werden. Dieses reine Recyclat fließt dann zu 100 % die Herstellung neuer Töpfe.
Studierende der HGU haben mit „Frieda Freude“ zudem ein ausgefallenes Marketing-Konzept geschaffen, das die Nachhaltigkeitsaspekte anschaulich vermittelt. Der Markenschutz ist beantragt.
Aktuell werden die Gewächshäuser geräumt und ein Teil der Weihnachtssterne bezieht ein neues Zuhause: In ausgewählten Privathaushalten werden die HessenSterne einem Verbrauchertest unterzogen. Parallel dazu führt die HGU unter standardisierten Bedingungen wieder Haltbarkeitstests durch. Ein Verkauf findet in diesem Jahr nicht statt.
Weitere Informationen finden Sie im Beitrag LLH testet nachhaltige Produktion von Weihnachtssternen