Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Klimaschutz

Hochschultag 2023 in Witzenhausen

Austausch über Stickstoffkreislauf und Klimaanpassung

Seit 2007 findet an der Universität Kassel, Standort Witzenhausen, ein gemeinsamer Hochschultag mit dem Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) statt. In den vergangenen sechs Jahren pausierte die Veranstaltung – Umso größer war daher die Freude, dass der Hochschultag am 20. November 2023 wieder ein Forum zum fachlichen Austausch von Wissenschaft, Beratung und Praxis bot. Im Mittelpunkt des Seminartages standen die Themen Stickstoffkreislauf und Anpassung an den Klimawandel im Pflanzenbau.

Landwirtschaftliche Betriebe können Problemlösende sein

Dekanin Prof. Dr. Maria Renate Finckh (Fachgebietsleiterin Ökologischer Pflanzenschutz, Universität Kassel)
Andreas Sünder (Leitung der Fachinformation Ökologischer Landbau des LLH) begrüßte stellvertretend für LLH-Direktor Andreas Sandhäger alle Zuhörenden und ging am Beispiel der Folgen durch Trockenheit auf die Auswirkungen des Klimawandels in der Landwirtschaft ein

Stickstoff ist für Lebewesen ein elementarer Nährstoff. Verlustarme Stickstoffkreisläufe in der Landwirtschaft sind ökologisch von enormer Bedeutung und haben insbesondere im stickstofflimitierten Ökologischen Landbau hohe ökonomische Relevanz. Die Intensivierung der Landwirtschaft habe Folgen nach sich gezogen, merkte Prof. Dr. Maria Renate Finckh (Fachgebietsleiterin Ökologischer Pflanzenschutz, Universität Kassel) während der Begrüßung im Hörsaal an. Die Dekanin betonte: „Die Frage ist aber, ob wir es schaffen, anders mit menschengemachten Problemen umzugehen“.
Daran knüpfte Andreas Sünder, Leitung der Fachinformation Ökologischer Landbau des LLH an. Stellvertretend für LLH-Direktor Andreas Sandhäger begrüßte der Fachgebietsleiter alle Zuhörenden und ging am Beispiel der Folgen durch Trockenheit auf die Auswirkungen des Klimawandels in der Landwirtschaft ein. Hinsichtlich der Umsetzung, wie trotzdem weiter eine qualitative Nahrungssicherheit gewährleistet werden kann, sei jeder landwirtschaftliche Betrieb gefragt.
Diese Feststellung deckte sich mit dem Tenor der Referierenden beim diesjährigen Hochschultag: Landwirtschaftliche Betriebe sind nicht nur Mitverursachende des Klimawandels, sondern maßgeblich davon betroffen und können ebenso Lösende der Problematik sein.

Klimaschutzberatung im Projekt „100 nachhaltige Bauernhöfe“

Kristin Mutschinski (Beratungsteam Ökologischer Landbau, LLH), (rechts) stellte das Projekt „100 nachhaltige Bauernhöfe“ in Kooperation mit Lisa Fröhlich (Mitte) aus der Klimaschutzberatung des LLH vor. Moderiert wurde der Hochschultag von (links) Prof. Dr. Miriam Athmann (Fachgebietsleiterin Ökologischer Land- und Pflanzenbau, Universität Kassel).
Im Gespräch mit Lisa Fröhlich aus der Klimaschutzberatung des LLH stellte Heumilchproduzent Joseph Henkel als Direktvermarkter die Wichtigkeit von regionalen Kooperationspartnerinnen und -partnern heraus

Anlässlich des Hochschultages stellte Andreas Sandhäger im Vorfeld heraus: „Der Landesbetrieb hat in den zurückliegenden Jahren seine Beratungstätigkeit im Bereich ökologische Landwirtschaft sukzessive ausgebaut. Neben der klassischen Beratung Ökolandbau haben wir mit der Klimaberatung und der Biodiversitätsberatung flankierende Themen zum Ökolandbau in den Fokus setzen können. Auch mit unserem jüngsten Projekt der 100 nachhaltigen Bauernhöfe möchten wir aus der landwirtschaftlichen Praxis geborene Nachhaltigkeitskonzepte für hessische Betriebe sichtbar machen und den fachlichen Austausch fördern.“
Mit über 100 teilnehmenden Betrieben wird im Projekt „100 nachhaltige Bauernhöfe“ veranschaulicht, wie eine nachhaltige Entwicklung in der Landwirtschaft sowie im Garten- und Weinbau aussehen kann. „Wir wollen Betriebe darin unterstützen, bestehende nachhaltige Strukturen zu stärken und ein zukunftsorientiertes Management umzusetzen. Zudem können sich durch das Projekt engagierte Betriebe zum Wissensaustausch miteinander vernetzen und gemeinsam für eine nachhaltige Entwicklung einsetzen“, erklärte Projektkoordinatorin Kristin Mutschinski (Beratungsteam Ökologischer Landbau, LLH). Sie stellte das im Frühjahr 2021 vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV) ins Leben gerufene Projekt im Rahmen des Hochschultages in Kooperation mit Lisa Fröhlich aus der Klimaschutzberatung des LLH vor. Denn bei der Bewertung der eigenen Nachhaltigkeit kann Landwirtinnen und Landwirten eine betriebliche Klimabilanz dienlich sein. Diese sei nicht nur bei der Erarbeitung eigener Minderungsstrategien hilfreich, sondern auch dabei, zunächst mögliche Stellschrauben zu identifizieren. Ein weiterer Schwerpunkt ist, die Betriebe bei der Herleitung geeigneter Anpassungsstrategien zu unterstützen. Eine detaillierte Energie- und Treibhausgasbilanz hat sich etwa Heumilchproduzent Joseph Henkel erstellen lassen. Seinen ökologisch wirtschaftenden Betrieb in der Rhön führt Henkel in dritter Generation und nimmt mit diesem am Projekt „100 nachhaltige Bauernhöfe“ teil. Der Landwirt berichtete im Hörsaal aus der Praxis und stellte als Direktvermarkter die Wichtigkeit von regionalen Kooperationspartnerinnen und -partnern heraus. Ein Mehrwert sei für Henkel auch der entstandene überbetriebliche Austausch. So kommen im Rahmen des Projekts beispielsweise Ackerbaubetriebe mit tierhaltenden Betrieben in Kontakt.

Austausch im Praxisforschungsnetzwerk Hessen (PFN)

Ein Netzwerk landwirtschaftlicher Betriebe aufgebaut hat ebenfalls das Praxisforschungsnetzwerk Hessen (PFN), das während des Hochschultages von Esther Mieves und Natalia Riemer von der projekttragenden Vereinigung Ökologischer Landbau in Hessen (VÖL) vorgestellt wurde. In den drei Arbeitsgruppen Ackerbau, Tierhaltung und Gemüsebau arbeiten innerhalb des Netzwerks Forschende und Praktiker zusammen, um den Austausch zu fördern und Methoden aus der Praxis heraus weiterentwickeln zu können. Im Fokus steht unter anderem die Etablierung der Zwischenfrucht, die bei zunehmender Trockenheit immer schwieriger wird. Ein Vertreter aus der Ackerbaugruppe, Peter Arndt vom Hof Capelle im Landkreis Marburg-Biedenkopf, berichtete, wie verschiedene Zwischenfruchtanbau- und Umbruchstrategien den Verbleib des Stickstoffs nach dem Umbruch beeinflussen.

Klimaanpassung und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft

Erhöhung der Wasserretention durch regenerative Landwirtschaft: Stephan Junge (Universität Kassel) referierte am Hochschultag über im Oberboden mögliche Maßnahmen

Abgesehen von Stickstoff tritt auch Wasser als ertragslimitierender Faktor zunehmend in den Vordergrund. Seit vielen Jahren beschäftigen sich Forschende der Universität Kassel daher intensiv mit Maßnahmen für einen umsichtigeren Umgang mit der Ressource, etwa durch Erhöhung der Wasserretention des Bodens durch regenerative Ackerbaustrategien. Über im Oberboden mögliche Maßnahmen referierte am Hochschultag Stephan Junge (Universität Kassel). Daran knüpfte unmittelbar die Präsentation von Miriam Athmann (Universität Kassel) an. Die Fachgebietsleiterin Ökologischer Land- und Pflanzenbau erläuterte den unter Praxisbedingungen erforschten Ansatz, wie sich zusätzliche Wasser- und Nährstoffreserven im Unterboden durch Schaffung von Bioporen erschließen lassen. Die Dichte der Bioporen, welche die Wasserdurchlässigkeit sowie die Belüftung des Bodens verbessern, könne durch den Anbau tiefwurzelnder Kulturen und die Förderung von Regenwürmern erhöht werden und zur Ertragssicherung in Trockenjahren beitragen.

Mit der Vorstellung einer Marktstudie der Universität Kassel zu regionalen Bio-Lebensmitteln in Hessen endete der Seminartag am Standort Witzenhausen. Die Studie lieferte Informationen über die aktuelle Situation der landwirtschaftlichen Öko-Erzeugung, der Verarbeitung und des Handels ökologischer Lebensmittel in Hessen.


Drucke diesen Beitrag Drucke diesen Beitrag