Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Ökologischer Pflanzenbau

Ergebnisse der LSV Öko-Sommerhafer und Öko-Sommergerste 2023

Ein durchweg schwieriges Jahr für das Sommergetreide

Sommergetreide ist klassischer Bestandteil einer gut geplanten Fruchtfolge im ökologischen Ackerbau. So bietet ein ausgeglichener Wechsel aus Winterungen und Sommerungen einige pflanzenbauliche und produktionstechnische Vorteile im betrieblichen Management mit sich: Während einseitige Fruchtfolgen bestimmte Unkrautgesellschaften fördern, kann durch einen gezielten Wechsel das Unkrautmanagement positiv beeinflusst werden. Zudem kann der Anbau von Sommergetreide Arbeitsspitzen im Betrieb entzerren und als weiterer Aspekt vermögen abwechslungsreiche Fruchtfolgen vor den zunehmenden Unwägbarkeiten des voranschreitenden Klimawandels eine gewisse Ertragsabsicherung und Risikostreuung. Der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen prüft im Öko Versuchsfeld in Alsfeld-Liederbach seit nunmehr drei Jahrzehnten jedes Jahr bewährte sowie neue Sorten verschiedener landwirtschaftlicher Kulturen. Die Ergebnisse dienen als Beratungsgrundlage und Orientierungsshilfe für die anstehenden Entscheidungen in den hessischen Öko Ackerbaubetrieben.

Abb. 1: Niederschlagsanomalie während der Vegetationsperiode des Sommergetreides, Station Alsfeld-Eifa; Quelle: Deutscher Wetterdienst
Abb. 1: Niederschlagsverteilung während der Vegetationsperiode des Sommergetreides, Station Alsfeld-Eifa; Quelle: Deutscher Wetterdienst

Die Öko Landessortenversuche der Sommergetreidearten rotieren, wie auch alle übrigen LSV der Leguminosen und der Wintergetreidearten am Standort Alsfeld-Liederbach, mit der Fruchtfolge des biologisch-dynamischen Betriebes der Familie Kasper. Das Sommergetreide steht demnach als zweite Halmfrucht (nach Winterweizen) nach einem zweijährigen Futterbaugemenge. Die in der Gemarkung vorherrschende Bodenart ist sandiger Lehm mit einer Güte zwischen 40 und 65 Bodenpunkten. Die letztjährige Versuchsfläche liegt 303 m ü. NN. Die Bodenuntersuchung auf Grundnährstoffe zeigte einen Phosphatgehalt von 9 mg/100 g Boden (das entspricht Gehaltsklasse B) sowie einen Kaliumgehalt von 12 mg/ 100 g Boden (Gehaltsklasse C). Der pH-Wert lag bei 6,3 (pH Klasse C). Zur Aussaat des Sommergetreides am 22.04.2023 lag der Gehalt an mineralischem Stickstoff bei 45 kg/ha.

Abb. 3: Massiver Befall mit Getreidehähnchen, Sommergetreide LSV Alsfeld-Liederbach, aufgenommen am 26.06.23

Wie in der Praxis, waren die klimatischen Bedingungen für das Sommergetreide auch im Versuchswesen in diesem Jahr alles andere als optimal. Durch die langanhaltenden nasskalten Bedingungen zu Vegetationsbeginn dauerte es sehr lange, bis die Fläche für einigermaßen passable Aussaatbedingungen abgetrocknet war. Dadurch konnte das Sommergetreide erst am 22.04.2023 in den Boden gebracht werden. Ideal wäre eine möglichst frühe Aussaat bei guten Bodenbedingungen bis spätestens Mitte/Ende März. Die Wachstumsphase unter Kurztagsbedingungen wirkt sich positiv auf das Bestockungsvermögen und die Wurzelbildung des Sommergetreides aus. Resultierend aus dem sehr späten Saattermin in diesem Jahr, zeigten sich die Pflanzenbestände entsprechend dünn und kurz mit deutlich verringertem Ertragspotential. Zu der verspäteten Aussaat kam mit der ausgeprägten Trockenheit von Anfang Mai bis Ende Juli ein weiterer negativer Faktor hinzu. Das Niederschlagsdefizit gegenüber dem langjährigen Mittel betrug in diesem Zeitraum nach den Daten der Wetterstation Alsfeld-Eifa rund 43 mm. Pünktlich zur Abreife des Getreides setzten ab Ende Juli ausgiebige Niederschläge ein, sodass die Ernte mit entsprechend negativem Einfluss auf die Qualitäten erst am 23.08.23 erfolgen konnte.

Neben den ungünstigen klimatischen Verhältnissen dürfte der nicht unerhebliche Verlust von Photosythesefläche in Folge starken Befalls mit Getreidehähnchen zu den deutlichen Ertragseinbußen beigetragen haben.

Sommerhafer

Der Hafer ist gemeinhin als „Gesundungsfrucht“ bekannt, was daher rührt, dass er keine Wirtspflanze für typische Getreidekrankheiten wie z. B. Halmbruch oder Schwarzbeinigkeit darstellt und damit Infektionsketten in sonst eher Getreide betonten Fruchtfolgen unterbrechen kann. Da der Hafer generell höhere Ansprüche an die Wasserversorgung stellt, sollte die Aussaat, sofern die Befahrbarkeit der Flächen gegeben ist, so früh wie möglich im Frühjahr erfolgen. Dadurch kann die Winterfeuchtigkeit optimal ausgenutzt werden. Die Vermarktung der Ernte erfolgt, sofern die entsprechenden Qualitätseigenschaften wie Hektolitergewicht und Marktwareanteil erfüllt werden, in den Speisebereich oder als Futtergetreide.

Die eingangs genannten schwierigen Anbaubedingungen des vergangenen Jahres spiegelten sich im Ertragsniveau und den Qualitätsparametern des Hafers wieder. Mit einem Versuchsdurchschnitt von 25,0 dt /ha lag der Ertrag rund 52 dt unter dem Vorjahresertrag bzw. fast 27 dt unter dem Durchschnittsertrag der vergangenen 27 Versuchsjahre. Hinsichtlich des Hektolitergewichtes (Ø 46,3 kg/hl) lagen in diesem Jahr alle geprüften Sorten deutlich unter den von der verarbeitenden Industrie geforderten 53 kg/hl. Auch der Martwareanteil (> 2,0 mm) lag mit Werten von 53,7 % bis 81,4 % weit unter dem Grenzwert von 95 %. Dies zeigt, wie schwierig und unsicher es ist bei späten Aussaatterminen Qualitätshafer zu erzeugen.

Unter den diesjährigen Bedingungen konnten sich mit Fritz und Perun nur zwei Sorten signifikant im Ertrag von den anderen abheben. Fritz ist jetzt drei Jahre geprüft und konnte durchweg mit überdurchschnittlichen Erträgen punkten. Die Sorte Perun stand in 2023 erstmalig im Sortiment, sodass sich in den kommenden Jahren erst noch zeigen muss, wie sie letztlich einzuordnen ist. Die etablierte Sorte Max lag die letzten Jahre im Ertrag nach wie vor im Durchschnitt beziehungsweise leicht darunter und muss sich somit nicht unbedingt gänzlich hinter den neuen Sorten verstecken, zumal die Hektolitergewichte meist auch gute Werte erreichten. Die fünfjährig geprüften Sorten Apollon, Kaspero und Lion sowie die dreijährig geprüften Sorten Magellan und Elison bewegten sich allesamt in den vergangenen Jahren in ihrer Ertragsleistung wechselnd leicht unter bis leicht über dem Durchschnitt. Apollon, Magellan sowie die Ökozüchtung Kaspero sind deutlich länger im Wuchs als die übrigen Sorten.

Sortenprüfung Sommerhafer 2023
Serie [06] – ökologischer Anbau –
Hessen – Ergebnis des Standortes Vogelsberg
Ertrag (dt/ha, 86 % TS)

Ertrag
(dt/ha)
Ertrag rel. zur BB
BB = Bezugsbasis (mind. 3-jährig geprüfte Sorten über alle Standorte)
VD = Versuchsdurchschnitt über alle Sorten des Versuchs (inkl. Sorten, die nicht dargestellt werden)
GD = Grenzdifferenz
g = gelb
w = weiß
SpelzenfarbeStatusPrüfjahre2023202320222021Mittel
BB (dt/ha)26,426,478,258,654,4
VD  (dt/ha)25,025,069,156,350,1
GD 5 % (abs./rel.) 3,112,6 6,4 7,1
MaxgBB> 526,1 99 97 94 96
ApollongBB> 526,4100 97100 98
LiongBB527,6104 99 96 99
KasperogBB> 525,7 97 94 97 96
FritzgBB330,4115108108109
MagellangBB324,0 91 97107 99
Elison(g)BB324,9 94108 99102
Scottyw224,7 93 98
Plating226,2 99 99
Efes(g)221,1 80 94
Stephan(g)123,6 89
Perung129,9113
Asterion(g)125,6 97
Karl(g)125,4 96
Rambo(g)123,7 89

 

Sortenprüfung Sommerhafer 2023
Serie (06) – ökologischer Anbau –
Allgemeine Daten des Versuchsstandortes

Alsfeld
1) = Bodenklimaräume
132 = Osthessische Mittelgebirgslagen
133 = Zentralhessische Ackerbaugebiete / Warburger Börde
134 = Lehmböden / Sauerland / Briloner Höhen / Höhenlagen
2) = Anbaugebiete Sommerhafer ökologisch
1 = Sandstandorte Nord-Ost
2 = Sandstandorte Nord-West
3 = Lehmige Standorte West
VorfruchtWinterweizen
Aussaatdatum22.04.23
Saatstärke (Kö/m²)350
Teilstücksgröße bei Ernte (m²)15,0
Erntedatum23.08.23
Bodenklimaraum 1)133
Anbaugebiet 2)3
Höhe über NN (m)303
Ø Jahrestemperatur (°C)10,2
Σ Niederschlag (mm)612
BodentypParabraunerde
Geologische HerkunftLöss
Bodenart der KrumeLehm
Humusgehalthumos
Ackerzahl48
Stärke Krume (cm)30
Kulturzustand Bodengut
pH-Wert6,3
P2O5 (mg/100 g)9
K2O (mg/100 g)12
Mg (mg/100 g)12

 

Qualitätsuntersuchungen Sommerhafer 2023
Standort Alsfeld-Liederbach
– Serie [06] – ökologischer Anbau –

Spelzen-farbeStatusPrüf-
jahre
Rohprotein-gehalt
in TM [%]
Tausend-kornmasse
[g]
Hektoliter-gewicht
[kg/hl]
Marktware-
anteil > 2,0 mm
[%]
Marktware-
ertrag
[dt/ha]
BB = Bezugsbasis (mind. 3-jährig geprüfte Sorten über alle Standorte)
g = gelb
w = weiß
MaxgBB> 512,022,949,369,718,2
ApollongBB> 511,630,047,479,921,1
LiongBB510,923,947,476,321,0
KasperogBB> 514,218,146,053,713,8
FritzgBB312,529,146,581,424,7
MagellangBB314,119,543,355,713,4
Elison(g)BB311,227,544,569,117,2
Scottyw213,828,044,176,418,8
Plating212,226,349,077,120,2
Efes(g)212,819,341,163,113,3
Stephan(g)112,824,944,172,617,1
Perung112,722,549,376,922,9
Asterion(g)111,822,348,080,720,7
Karl(g)113,322,647,673,318,6
Rambo(g)113,324,746,869,716,5
Mittelwert12,624,146,371,718,5

 

Sommergerste

Die Sommergerste ist beim Standort verhältnismäßig anspruchslos. Auch leichte, sandige Standorte sind für den Anbau recht gut geeignet. Neben dem klassischen Einsatz in der Nutztierfütterung kommt grundsätzlich mit Verwendung von Sorten mit Braueignung als weitere Möglichkeit die Produktion von Braugerste in Betracht. Hier sollte mit der abnehmenden Hand im Vorfeld des Anbaus die gewünschte Sorte abgeklärt werden. Zudem muss die Ernte für diesen Vermarktungsweg grundsätzlich höhere Qualitätsanforderungen (Rohproteingehalt zwischen 9 und 11 %, Vollgerstenanteil > 90 %) erfüllen. Gerade im Ökolandbau stellt die Steuerung des Rohproteingehaltes aufgrund der schwierig zu kalkulierenden Stickstoffnachlieferung im Boden eine besondere Herausforderung dar.

Der mittlere Ertrag der geprüften Sommergerste Sorten lag in 2023 mit 34,8 dt/ha gut 14 dt unter dem Ertragsmittel der vergangenen 21 Jahre.

Avalon zeigte, wie auch schon im vergangenen Jahr, ein unterdurchschnittliches Ertragsergebnis. Hinsichtlich der Qualitätseigenschaften konnte die Sorte die bisherigen überdurchschnittlichen Marktware- und Vollgerstenanteilen in diesem Jahr so nicht bestätigen. Mit sehr guten Ertragsleistungen besticht nach wie vor die Sorte RGT Planet. So lagen die Erträge in den letzten fünf Prüfjahren immer über dem Ertrag der Bezugsbasis. Amidala zeigte in drei von vier Jahren überdurchschnittliche Erträge bei vergleichsweise hohen Vollgerstenanteilen. Bei der tendenziell langstrohigeren Sorte Tolstefix handelt es sich um eine Ökozüchtung. Sie konnte, wie auch schon in den zwei Vorjahren, ertraglich nicht überzeugen. Ebenfalls dreijährig geprüft sind die Sorten Lexy und Yoda. Lexy zeigte sich sowohl in 2022 als auch in diesem Jahr mit guten Ertragsleistungen. Der Vollgerstenanteil sowie das Hektolitergewicht rangierten dabei eher auf leicht unterdurchschnittlichem Niveau. Yoda lieferte in den drei Prüfjahren stabile Erträge im durchschnittlichen Bereich.

 

Sortenprüfung Sommer-/Braugerste 2023
Serie [25] – ökologischer Anbau –
Hessen – Ergebnis des Standortes Vogelsberg
Ertrag (dt/ha, 86 % TS)

Ertrag
(dt/ha)
Ertrag rel. zur BB
BB = Bezugsbasis (mind. 3-jährig geprüfte Sorten über alle Standorte)
VD = Versuchsdurchschnitt über alle Sorten des Versuchs (inkl. Sorten, die nicht dargestellt werden)
GD = Grenzdifferenz
BG = Braugerste
FG = Futtergerste
NutzungStatusPrüfjahre2023202320222021Mittel
BB (dt/ha)33,633,659,139,143,9
VD  (dt/ha)34,834,859,037,543,8
GD 5 % (abs./rel.) 3,4 9,9 5,211,6
AvalonBGBB> 527,9 83 93 97 91
AmidalaBGBB436,5109106112109
RGT PlanetBGBB> 535,3105110108108
TolstefixBGBB330,6 91 90 92 91
YodaBGBB336,3108 99104103
LexyBGBB337,2111111 97107
CrescendoBG230,4 91104
LG FlamencoBG236,4108108
ElfriedeFG231,4 94103
LG RumbaFG136,8110
StingBG139,7118
LG CarusoBG139,6118
MartheBGBB> 531,0 93 91 90 91

 

Sortenprüfung Sommer-/Braugerste 2023
Serie [25] – ökologischer Anbau –
Allgemeine Daten des Versuchsstandortes

Alsfeld
1) = Bodenklimaräume
132 = Osthessische Mittelgebirgslagen
133 = Zentralhessische Ackerbaugebiete / Warburger Börde
134 = Lehmböden / Sauerland / Briloner Höhen / Höhenlagen
2) = Anbaugebiete Sommergerste ökologisch
1 = Sandstandorte Nord-Ost
2 = Sandstandorte Nord-West
3 = Lehmige Standorte West
VorfruchtWinterweizen
Aussaatdatum22.04.23
Saatstärke (Kö/m²)350
Teilstücksgröße bei Ernte (m²)15,0
Erntedatum23.08.23
Bodenklimaraum 1)133
Anbaugebiet 2)3
Höhe über NN (m)303
Ø Jahrestemperatur (°C)10,2
Σ Niederschlag (mm)612
BodentypParabraunerde
Geologische HerkunftLöss
Bodenart der KrumeLehm
Humusgehalthumos
Ackerzahl48
Stärke Krume (cm)30
Kulturzustand Bodengut
pH-Wert6,3
P2O5 (mg/100 g)9
K2O (mg/100 g)12
Mg (mg/100 g)12

 

Qualitätsuntersuchungen Sommer-/Braugerste 2023
Standort Alsfeld-Liederbach
– Serie [25] – ökologischer Anbau –

NutzungStatusPrüfjahreRohprotein-gehalt
in TM [%]
Tausend-kornmasse
[g]
Hektoliter-gewicht
[kg/hl]
Vollgerste-
anteil > 2,5 mm [%]
Vollgerste-
ertrag
[dt/ha]
BB = Bezugsbasis (mind. 3-jährig geprüfte Sorten über alle Standorte)
BG = Braugerste
FG = Futtergerste
AvalonBGBB> 512,845,364,293,026,0
AmidalaBGBB412,953,761,896,235,1
RGT PlanetBGBB> 512,552,762,596,834,2
TolstefixBGBB312,949,562,994,428,9
YodaBGBB312,451,761,895,434,6
LexyBGBB311,948,359,893,534,8
CrescendoBG212,749,863,296,829,4
LG FlamencoBG212,449,461,795,034,6
ElfriedeFG212,853,163,096,430,3
LG RumbaFG112,248,663,696,035,4
StingBG112,348,560,596,138,1
LG CarusoBG112,251,662,294,137,3
MartheBGBB> 512,943,064,594,429,3
Mittelwert12,549,662,495,232,9

 


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