Erwerbskombinationen
Direktvermarktung: Verkaufen in Selbstbedienung
Selbstbedienungskonzepte in der Direktvermarktung scheinen für viele Betriebe eine geeignete Lösung zu sein, um Personalmangel, hohen Personalkosten und dem Verbraucherwunsch nach langen Öffnungszeiten zu begegnen.
Welche Lösungen gibt es auf dem Markt und wie steht es um die Sicherheit von Ware und Geld?
Wir geben einen Überblick, welche Selbstbedienungslösungen es derzeit auf dem Markt gibt und zeigen Maßnahmen auf, wie Diebstahl von Ware und Geld vorgebeugt werden kann.
Die klassische Variante: Selbstbedienung mit Vertrauenskasse
Die klassische Art der Vermarktung in Selbstbedienung läuft meistens über einen umgebauten, bisher nicht genutzten, Raum oder einen Gartenhüttensatz aus dem Baumarkt. Darin werden Regale mit verschiedenen Produkten und eine kleine Kasse mit oder ohne Wechselgeld aufgestellt. Um Diebstahl vorzubeugen, können beispielsweise Kameras und Spiegel installiert werden. Das eigene Spiegelbild zu sehen, bewirkt bei Menschen ein Gefühl der Beobachtung. Aber auch die Projektion der Kameraaufnahme auf einen Bildschirm im Laden schreckt ab.
Da sich Menschen in einer hell beleuchteten Umgebung eher beobachtet fühlen als in einer halbdunklen, sollten sowohl der Verkaufsraum als auch der Weg vom Parkplatz ganzjährig mit ausreichend Licht ausgeleuchtet werden. Über einen Mix aus Bewegungsmeldern, Licht in unterschiedlichen Warm- und Kalttönen und Lichterketten wird zusätzlich die Einkaufsatmosphäre positiv beeinflusst. Um das Gefühl der Beobachtung zu intensivieren, kann die Verkaufshütte auch in Sichtweite zum Wohnhaus aufgestellt werden. Um Gelddiebstahl vorzubeugen, kann die Kasse verschlossen und gegen Mitnahme gesichert werden. Das kann über eine Hülle aus Holz oder Metall funktionieren, welche über die Kasse gestülpt und auf der Theke fixiert wird, der Geldschlitz jedoch offen bleibt. Aber auch über eine Kette oder eine Verschraubung an der Tischunterseite (s. Abbildung 1+2). Bei einer verschlossenen Kasse bleibt dann noch die Frage bestehen, ob Sie Wechselgeld zur Verfügung stellen wollen, oder nicht.
Bargeldlos bezahlen – Gelddiebstahl vorbeugen
Um das Bargeldgeschäft zu reduzieren oder gar ganz darauf zu verzichten, eignet sich ggf. ein sogenannter Kassenautomat. An diesem kann der Einkauf mit Bargeld oder EC-Karte bezahlt werden. Die Produkte werden via EAN-Code gescannt oder an einem Display ausgewählt.
Ähnlich funktionieren sog. Self-Order-Kioske, welche man von zahlreichen Fast-Food-Ketten kennt. Unter den Anbietern gibt es bereits Firmen, die sich auf Kleinstunternehmen, wie z.B. Direktvermarkter, spezialisiert haben.
Kostengünstigere bargeldlose Zahlungsmöglichkeiten bietet die klassische Kartenzahlung über ein handliches Kartenlesegerät (s. Abbildung 3), welche neben der Kasse platziert werden kann. Der Kunde tippt den Betrag selbst ein, legt die Karte auf und der Betrag wird abgebucht.
Gezahlt werden kann aber auch über QR-Codes, die über einen Zahlungsdienstleister (z.B. Paypal) mit Ihrem Bankkonto verknüpft sind. Die Kunden scannen über eine App auf ihrem Handy den QR-Code und überweisen dem Verkäufer dadurch den jeweils fälligen Betrag.
Das Gleiche funktioniert auch über eine eigene HofApp, über die noch weitere Informationen (z.B. Angebote, Neuigkeiten …) mit den Kunden geteilt werden können. Auch hier muss sich der Kunde die App herunterladen und registrieren. Anschließend können die Produkte, die mit einem QR-Code ausgestattet sind, mit dem Handy gescannt und bezahlt werden. Eine in Bezug auf die Einrichtung etwas kompliziertere und nur für Stammkunden geeignete Variante ist die Bezahlung via Onlineshop und einer sog. „Kiosk App“. Dafür muss sich der Betrieb einen Onlineshop einrichten und im Verkaufsladen ein Tablet sicher anbringen. Dieses wird mit einer sog. „Kiosk App“ belegt, welche alle Funktionen, außer die Bedienung des Onlineshops sperrt. Der Kunde bestellt vor Ort über den Onlineshop, die Abrechnung erfolgt per Lastschrifteinzug. Voraussetzung dafür ist die einmalige Registrierung aller Kunden und lohnt vermutlich nur dort, wo sowieso online verkauft werden soll, bzw. mehrere Absatzwege bestehen und die Verkaufszahlen alle in ein Warenwirtschaftssystem einfließen sollen.
Warendiebstahl vorbeugen
Zusätzlich zu den zu Beginn erwähnten psychologischen Maßnahmen, Diebstahl vorzubeugen, gibt es weitere, teils hoch technisierte, Möglichkeiten, um dem Entwenden von Ware entgegenzuwirken:
Die Tür zum Verkaufsladen kann mit einer elektronischen Türsteuerung und Eintrittskontrolle versehen werden, durch die sie sich nur durch vorzeigen einer EC-Karte öffnen lässt – ähnlich wie bei Banken. So können Sie im Fall von eindeutigem Diebstahl die Daten der gelesenen Karten auswerten (lassen) und der Polizei übermitteln. Alternativ kann ein QR-Lesegerät an der Tür angebracht werden, wofür Ihre Kunden einen entsprechenden QR-Code zugeteilt bekommen müssen.
Eine weitere Möglichkeit stellt die sog. RFID-Technologie dar. Das sind u.a. Etiketten, bei welchen zwischen Oberfläche und Klebefläche ein Transponder eingebaut ist. Man kann diese Etiketten ganz gewöhnlich bedrucken, aber auch Daten (z.B. Preise) in dem Transponder speichern. Mit entsprechender Technik kann ein Terminal die ausgewählten Produkte und deren Preise automatisch erkennen und aufsummieren. Bezahlen funktioniert mit Bargeld oder EC-Karte. Durch die auf den Transpondern gespeicherten Daten lässt sich über die im Laden installierte Technik aber auch genau feststellen, welches Produkt zu welcher Zeit unbezahlt den Laden verlassen hat. Via Zutrittskontrolle, Daten der EC-Kartenzahlung oder Überwachungskamera kann den Dieben so auf die Spur gekommen werden. Bei dieser Lösung sollten Unternehmer jedoch unbedingt das Kosten-Nutzen-Verhältnis im Blick behalten.
Warenautomaten – hoch technisiert oder back to basics?
An Warenautomaten kann der Kunde heutzutage in Selbstbedienung fast alle Produkte des täglichen Bedarfs erwerben. In Automaten sind sowohl das Geld, als auch die Ware relativ sicher aufgehoben. Trotzdem kommt es immer wieder zu Vandalismus. Neben vielen unterschiedlichen Modellen und Funktionsweisen gibt es mittlerweile die Möglichkeit, mehrere Automaten in Reihe zu schalten: Bedienung und Bezahlung erfolgen dann über ein Tablet. Auf Knopfdruck geben alle Automaten die ausgewählten Produkte frei. Der Kunde spart sich so das Ziehen und Bezahlen jedes einzelnen Produktes.
Wer noch ein Stück mehr in Richtung Automatisierung gehen will, kann über den Erwerb eines voll ausgestatteten Verkaufscontainers mit Zugangskontrolle und Kassenterminal nachdenken.
Im Vergleich zu diesen kostenintensiven Lösungen gibt es (wieder) simpel gestaltete und günstige Automaten ohne Elektroanschluss und damit aber auch ohne Kühlung, EC-Lesegerät und Wechselgeldmöglichkeit. Diese Modelle funktionieren ähnlich wie Kaugummiautomaten aus den 90ern: Münzen einlegen, Knauf drehen und die Klappe springt auf.
Was tun, wenn es doch zum Diebstahl kommt?
Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen kommt es immer wieder vor, dass gerade in urbanen Gegenden Waren und/oder Geld gestohlen werden. Wenn Sie die Täter auf frischer Tat ertappen, sprechen Sie sie direkt an. Schalten Sie spätestens dann die Polizei ein, wenn eingebrochen wird und prüfen Sie in diesem Fall, inwiefern Vandalismus in Ihren Betriebsversicherungen abgedeckt ist. In Bezug auf Datensammlung von Zugangskontrollen und Kameraaufnahmen sollten Sie Ihre Rechte, Pflichten und Grenzen in Sachen Datenschutz kennen.
Vorsichtig umgehen sollten Sie mit (Stamm-)Kunden, die nicht das passende Kleingeld dabeihaben, es aber in der darauffolgenden Woche sicher nachliefern. Falsche Unterstellungen können das Vertrauen schnell brechen!
2-in-1-Läden: vormittags personalgeführter Hofladen, nachmittags Selbstbedienungsladen
Wer einen Hofladen z.B. vormittags mit Personal betreibt, aber Öffnungszeiten erweitern will, um Berufstätige als Kunden zu gewinnen, kann aus seinem Laden mit ein paar Handgriffen einen Selbstbedienungsladen machen. Dafür eignen sich z.B. mobile Theken. Das sind normale Bedientheken, die mit wenig Aufwand in eine Theke zur Selbstbedienung verwandelt werden können. Wichtig dabei ist, sich zu überlegen, wie nicht öffentlich zugängliche Bereiche, wie Lager, Kasse, Verarbeitungsraum, ggf. Büro gesichert werden können und wie die Bezahlung in Selbstbedienung funktionieren soll. Grundsätzlich eignen sich dafür alle zuvor vorgestellten Varianten.
Wichtig: Binden Sie bei allen Vorhaben das Veterinäramt (Lebensmittelkontrolle), bei Umbaumaßnahmen das Bauamt und Ihren Steuerberater mit ein. Wenn Sie überlegen, in die Vermarktung via SB-Laden einzusteigen, oder Ihren Verkauf sicherer gestalten wollen, kontaktieren Sie unsere Beraterinnen aus dem Team Erwerbskombinationen (s. Box am Rand bzw. unten) für weitere Informationen und alle für das Vorhaben notwendigen Anlaufstellen.
Und zu guter Letzt: Verbraucher kaufen regionale Produkte, weil sie umweltschonend einkaufen wollen, aber auch Vertrauen in die Produktion der Unternehmerfamilien legen. In weniger dicht besiedelten Regionen kaufen Menschen beim Landwirt nebenan, weil „man sich ja kennt“. Dieses Vertrauen und der persönliche Kontakt sind in der Vermarktung regionaler Produkte DAS Vermarktungsinstrument schlecht hin und sollte in seiner Wirkung nicht unterschätzt werden.