Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Freizeitgartenbau/Gartenakademie

Gartenbewohner ohne Lobby: Wespen

Zugegeben: Grillen oder Kaffee und Kuchen im Garten ist momentan ein nerviges Unterfangen. Kaum sind Süßspeisen, süße Getränke, Grillfleisch oder Wurst auf dem Garten- oder Terrassentisch, dann sind sie auch schon da – die Wespen.

Gerade in trockenen, heißen Jahren wie diesem, wachsen die Populationen der ungefährdeten Arten schnell an und suchen nach Fressbarem – auch auf dem Teller. Da sind die Bienen und Hummeln, die sich friedlich vom Nektar und den Pollen ernähren, weitaus sympathischer als die gelbschwarzen Raubritter.

Wenn wir von Wespen reden, so sprechen wir in Deutschland von mehreren hundert Arten. Ebenso wie bei den Bienen gibt es solitär lebende und staatenbildende Arten. Die meisten Wespenarten, die unsere Gärten besuchen, nehmen wir kaum wahr – außer eben die sogenannten „Echten Wespen“ zu denen die Gemeine Wespe, die Deutsche Wespe und auch die Hornisse zählt. Diese bilden Staaten und ernähren sich mehr oder weniger unspezifisch mit Nahrung pflanzlicher und tierischer Art.

Plagegeister: Deutsche Wespe und Gemeine Wespe

An den meisten Konflikten zwischen Mensch und Wespe sind die Deutsche Wespe und die Gemeine Wespe (lassen sich durch das Gesichtsmuster unterscheiden) beteiligt, da sie im Siedlungsbereich nisten und sie darüber hinaus, je nach Lebensphase und Larvenentwicklung, eine Vorliebe für Fleisch und Süßspeisen haben – und wenn sie entsprechende Nahrungsquellen gefunden haben, sich nur schwer davon vertreiben lassen.
Im Gegensatz zu den Bienen, die nur einmal stechen können und diesen Stich mit ihrem Leben bezahlen, können Wespen beliebig oft stechen und sind daher weniger zögerlich. (Allerdings ist die applizierte Giftmenge geringer als die eines Bienenstichs, da bei Bienen der herausgerissene Stechapparat samt Giftdrüse nach dem Stich noch weiter pulsiert.)
Darüber hinaus ist es in den wenigsten Fällen so (außer in Nistnähe oder veranlasst durch Angstschweiß und Wespenstich-Alarm-Pheromone), dass Wespen unmittelbar angreifen, sondern sie sind zunächst einmal neugierig auf Futtersuche. Da sie zwar gut riechen, aber schlecht sehen können, fliegen sie vor dem Objekt des Interesses hin und her, was sie aggressiv erscheinen lässt.

Wespen sind wichtig für das Ökosystem!

Bleibt also die Frage: Wie finde ich mit den Plagegeistern ein friedliches Auskommen?

Zunächst einmal ist es eine Frage der Einstellung, ob man in Wespen einen Schädling oder eine nützliche Art sieht:

  • Wespen erbringen – ebenso wie Bienen und viele andere Insekten – wertvolle Bestäubungsleistungen.
  • Darüber hinaus vertilgen sie Unmengen an Schadinsekten (Blattläuse, Fliegen, etc.) zur Ernährung ihrer Larven.
  • Auch wirken sie als Umweltpolizei, indem sie tote Kadaver in kürzester Zeit vertilgen.
  • Last not least stellen sie für andere Arten (Wespenbussard, Neuntöter, Bienenfresser, Spinnen, Spitzmäuse, parasitische Wespenarten) eine wesentliche Nahrungsgrundlage dar.

Somit sind Wespen ein wesentlicher Bestandteil der von uns überall geforderten Biodiversität. Mit dem daraus resultierenden Wohlwollen und der Berücksichtigung der nachfolgenden Tipps sollte eine friedliche Koexistenz mit den beiden hier vorgestellten Wespenarten funktionieren.

Tipps für eine friedliche Koexistenz Wespe – Mensch

  • Versuchen Sie, schnelle und hektische Bewegungen nach Möglichkeit zu vermeiden: Erst dadurch fühlen sich Wespen bedroht und gehen in den Verteidigungsmodus. Auch Anpusten macht die Wespen aggressiv.
  • Halten Sie Abfallbehälter geschlossen.
  • Decken Sie Getränke im Freien stets ab oder verwenden Sie dünne Strohhalme. Wespen können problemlos in dicke Strohhalme hineinkriechen.
  • Wischen Sie sich und insbesondere Ihren Kindern nach dem Genuss von Süßspeisen Mund, Hals und Wangen feucht ab. Kleinkinder im Kinderwagen sollten zudem mittels Netzabdeckung geschützt werden.
  • Ohnehin Vorsicht beim Barfußlaufen in Bereichen mit Blüten (Bienen) oder Fallobst (Wespen, Bienen, Hornissen).
  • Verwenden Sie duftstoffarme Kosmetika. Wespen interessieren sich für diverse Duftstoffe, aber auch für Alkoholausdünstungen. Der Verzicht auf Deos ist nicht immer eine Alternative, da Wespen auf Schweißgeruch aggressiv reagieren.
  • Vermeiden Sie weite Kleidung, in welche Wespen hineinkriechen können. Bewahren Sie Ruhe, wenn dies der Fall ist. Der Stechapparat einer totgeschlagenen Wespe funktioniert auch nach deren Ableben reflexartig und einwandfrei.
  • Bei Gewitterlage werden Wespen schneller aggressiv.
  • Am Terrassen- oder Gartentisch wirken Nelkenöl oder frisch geschnittene, mit Gewürznelken besteckt Zitronen vorübergehend abschreckend.
  • Vermeiden Sie das Essen in der Dunkelheit bei unzureichender Beleuchtung, da Wespen auch dann noch aktiv sind.
  • Prima funktioniert es, Wespen in etwas Entfernung ein regelmäßiges Ersatznahrungsangebot anzubieten. Je nach Bedarf kann es sich dabei um Fleisch- oder Wurstreste, Speckwürfel, überreife Früchte oder einen Klecks Konfitüre handeln. Ein solches Wespenrestaurant wird in aller Regel dankbar angenommen, so dass der Essenstisch meist nur noch selten aufgesucht wird.

Zwar handelt es sich bei den beiden Wespenarten nicht um besonders geschützte Arten gemäß Bundesartenschutzverordnung, dennoch unterliegen sie dem allgemeinen Artenschutz und dürfen daher nur bei Vorliegen besonderer Gründe bekämpft werden. Totschlagen, Elektro- und Flüssigkeitsfallen oder Insektenvernichtungssprays sind keine verhältnismäßigen Maßnahmen und können beispielsweise in Hessen mit hohen Bußgeldern bis zu 5000 € (bei besonders geschützten Arten bis zu 50.000 €) geahndet werden.

Umgang mit Wespennestern

  • Zu Wespennestern (mitunter auch in alten Mauselöchern) sollte unbedingt ein Abstand von etwa 4 Metern eingehalten werden, da die Tiere sich und ihren Nachwuchs sonst bedroht sehen. Halten Sie sich nicht in der Einflugschneise auf. Vermeiden Sie Erschütterungen.
  • Lässt sich der Abstand zu Wespennestern nicht einhalten oder befinden sich Wespenallergiker im Haushalt, kontaktieren Sie bitte die für Ihre Stadt oder Ihren Landkreis zuständige Naturschutzbehörde hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise.
  • Bedenken Sie: Wespennester sind nur kurzzeitig bewohnt. Im Laufe des Herbstes stirbt der größte Teil des Volkes ab.

Hornissen

Die Hornisse ist die größte in Mitteleuropa heimische Faltenwespe und eine nach der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) besonders geschützte Art. Da sie außer im unmittelbaren Nistbereich kein Aggressionsverhalten zeigt und auch kein Interesse an Süßspeisen zeigt, sondern ihren Fokus auf reifes Baumobst und die Jagd von Insekten hat, sind Konflikte mit Menschen äußerst selten.


Wer es genauer wissen will: Wespen und Bienen – sind die miteinander verwandt?

Wespen sind mit den Bienen relativ nahe verwandt. Zusammen mit den Ameisen (diese sind während des Hochzeitsfluges geflügelt, um sich besser verbreiten zu können), gehören sie zu der Ordnung der sogenannten Hautflügler. Der unmittelbare Verwandtschaftsgrad besteht auch noch bis in die zoologische Ebene der Teilordnung hinein, in der Wespen und Bienen zusammen zu den „Stechimmen“ in der Unterordnung der Taillenwespen (Apocrita) gehören. Im Gegensatz zu den „Legimmen“, bei denen der Stachel für die Ablage von Eiern konzipiert ist, verfügen die wehrhaften „Stech- oder Wehrimmen“ meist über einen Stachel mit Giftdrüse oder andere Verteidigungsorgane, mit denen sie sich zum eigenen Schutz oder dem ihres Nestes verteidigen können – die sie je nach Art aber auch zum Fang von Beute einsetzen können.

Erst jetzt auf der Ebene der Überfamilie trennt sich der gemeinsame Stammbaum von den Apodiea, d.h. von den Bienen und den ihnen immer noch näher als den sonstigen Wespen verwandten Grabwespen von den Vespodiea. Letztere Überfamilie umfasst neun Wespenfamilien sowie erstaunlicherweise auch die Familie der Ameisen, so dass sich sagen lässt: Bei den o.g. Störenfrieden auf unserer Terrasse handelt es sich meist um die Gemeine Wespe oder die Deutsche Wespe – und deren Verwandtschaftsgrad zu den Ameisen ist noch einmal enger als zu den Bienen.

 


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