Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Freizeitgartenbau/Gartenakademie

Stinkende Nieswurz

Helleborus foetidus – Zugegeben, die hellgrüne Blüte ist jetzt nicht die farbintensivste im Pflanzenreich und auch der offizielle deutsche Name nicht besonders attraktiv. Aber dennoch ist die Stinkende Nieswurz eine interessante heimische Pflanze, bei der sich ein zweiter Blick lohnt.

Frühblühend, immergrün, heimisch

Die Stinkende Nieswurz blüht früh im Jahr. Dann, wenn viele anderen Pflanzen sich noch in der Ruhephase befinden. Anders als die Stauden, die zum Winter hin einziehen, bleibt die Stinkende Nieswurz auch im Winter mit ihren gefiederten, immergrünen Blättern und ihren dicken, aufrechten Triebe sichtbar. Den Trieben und Blättern hat die Stinkende Nieswurz auch den angenehmeren und besser verkäuflichen Namen Palmwedel-Nieswurz zu verdanken.

Die hellgrünen Blütenansätze werden meistens schon im Dezember/Januar gebildet – das erste zartgrüne Farbspiel. Die Hauptblütezeit beginnt im Februar und geht dann bis April. Und da kommt auch noch etwas mehr Farbe ins Spiel, denn viele der glockenförmigen hellgrünen Blüten haben einen roten Blütenrand.

In den Blüten finden dann frühaktive Wildbienen reichlich Nektar und Pollen. Aus einer bestäubten Blüte entwickeln sich später 3 bis 5 Balgfrüchte (Streufrüchte), aus denen nach der Reife die Samen fallen. Ameisen, die sich von Bestandteilen dieser Samen ernähren, tragen diese zu ihrem Bau und sorgen so für die Verbreitung.

Essen im Warmen

Wenn die Pflanzen in dem Gehölzrandbeet an unserem HGA-Standort in der Brentanostrasse in Geisenheim anfangen zu blühen, ist es wirklich erstaunlich, wie viele Hummeln und Bienen sich vor allem in den Blüten der Nieswurz tummeln – obwohl zeitgleich noch viele Frühlingsgeophyten (frühblühende Zwiebelpflanzen) blühen.

Die Attraktivität der Blüte für die frühaktiven Wildbienen liegt an einem Hefepilz, der in der Blüte vorkommt. Dieser baut Zucker aus dem süßen Nektar ab. Die dabei entstehende Wärme erwärmt auch die Blüte. Damit wird der Blütenbesuch für die Insekten attraktiver. Also eine natürliche Heizung für eine warme Mahlzeit – wer kann dazu schon nein sagen! Die Insekten können durch die Wärme länger aktiv bleiben und die Pflanze hat einen Vorteil bei der Bestäubung ihrer Blüten.

Ein Plätzchen im Garten finden

Die unter Naturschutz stehende Pflanze findet man in Deutschland vor allem in Süddeutschland bis zu den Mittelgebirgen. Vor allem in trockeneren und wärmeren Gebüschen und lichten Laubwäldern, dort auch gerne an felsigen Hängen. In den nördlicheren Regionen von Deutschland gibt es ein paar versprenkelte, unbeständige Vorkommen.

Die Stinkende Nieswurz mag im Garten eher trockene und warme Standorte mit einem kalkhaltigen, lehmigen und nicht zu nährstoffreichen Boden – am liebsten in Verbindung mit Gehölzen. Sie verträgt auch Standorte im lichten Schatten von höheren Gehölzen. Was sie überhaupt nicht mag, sind saure und verdichtete Böden, Nässe und Umpflanzen.

Bitte beachten Sie, dass die Pflanze trotz der Trockenheitsverträglichkeit im ersten Jahr nach der Pflanzung regelmäßig gewässert werden muss.

Die Triebe bilden erst nach einigen Jahren Blüten. In unserem HGA-Beet gab es die ersten Blüten im zweiten Standjahr. Die blütentragenden Triebe sterben dann nach der Samenbildung ab. Aber das ist nicht weiter tragisch, da von weiter unten wieder neue Triebe austreiben und es noch genug Triebe gibt, die im nächsten Jahr blühen. Das ist also eine Art Verjüngungskur für die Pflanze. Sie können die abgestorbenen Triebe dann zurückschneiden.

 

 

Wichtig: Alle Pflanzenteile sind stark giftig!

Früher wurde die Pflanze auch als Heilpflanze eingesetzt, aber irgendwann aufgrund des hohen Risikos und Nebenwirkungen nicht mehr verwendet. Aus dieser Zeit stammt auch der Name „Nieswurz“: Ein Pulver aus dem getrocknetem Wurzelstock wurde als Niespulver genutzt. Früher glaubte man, mit Niesen und Erbrechen bei „Wahnsinn“ helfen zu können.

Den Namenszusatz „Stinkend“ (lat. foetidus) hat die Pflanze erhalten, weil beim Zerreiben der Wurzel ein unangenehmer Geruch entsteht.

Auch interessant

Die Gattung der Nieswurze (Helleborus) wird auch Christrosen genannt. Wegen den unterschiedlichen Blütezeiten der verschiedenen Arten, gibt es im Sprachgebrauch noch die Namen „Lenzrose“ und „Schneerose“.

Andere Heimische Nieswurz-Pflanzen sind die Schwarze Nieswurz (Helleborus niger) –Christrose genannt – und die Gewöhnliche Grüne Nieswurz (Helleborus viridis). Wobei die Stinkende Nieswurz die trockenheitsverträglichere Art ist.

Kurzer Steckbrief

Deutscher Name

Stinkende Nieswurz

Botanischer NameHelleborus foetidus
FamilieRanuculaceae/ Hahnenfußgewächs
WuchsgruppeHalbstrauch (Chamaephyt)
Wuchshöhe30 bis 60 cm (mit Blüte)
Wuchsaufrecht, horstig
BlütezeitFebruar bis April
Blütenfarbehellgrün, größtenteils mit rotem Blütenrand
FrüchteBalgfrüchte, deren Samenbestandteile den Ameisen als Nahrung dienen und so verbreitet werden
Blätterdunkelgrün, gefiedert, im Austrieb hellgrün
Standort
  • sonnige bis halbschattige, warme Standorte, z.B. am Gehölzrand oder in lichten Gebüschen
  • bevorzugt durchlässige, kalkhaltige, lehmige auch gerne steinige Böden, die im Frühjahr frisch und im Sommer eher trocken sind
Eigenschaften
  • heimisch
  • wintergrün und Stammbildend
  • langsam wachsend
  • alle Pflanzenteile sind stark giftig
  • wichtige Insektennährpflanze fürs Frühjahr
  • mag keine verdichteten und nassen Böden
  • auf Umpflanzen kann die Pflanze empfindlich reagieren
  • geeignet im Garten für den sonnigen warmen Gehölzrand vor Hecken, im lichten Schatten unter größeren Gehölzen, in Beeten mit nicht zu nährstoffreichen Böden
Pflege
  • nach der Samenreife diese Triebe zurückschneiden
  • ab und zu braune Blätter entfernen

 

Mehr Informationen zur Hefe-Heizung in einem Artikel der „Welt der Wissenschaft“ vom 10.02.2010


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