Freizeitgartenbau/Gartenakademie
Schotterflächen vs. Pflanzflächen – ein Modellversuch
In den letzten Jahren ist das Thema Schottergärten und deren negativen Auswirkungen immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.
Baden-Württemberg hat als erstes Bundesland reagiert und hierzu dieses Jahr ein landesweites Verbot von Schottergärten ausgesprochen (Landesnaturschutzgesetz (BW NatSchG § 21 a). Zunehmend mehr Städte und Gemeinden unternehmen im Rahmen ihrer kommunalen Planungshoheit Anstrengungen, Schottergärten durch Bau- und Gestaltungssatzungen aus dem Ortsbild zu verbannen. Über die grundsätzliche Problematik und Rechtslage berichteten wir im Beitrag Schottergärten – Stein(e) des Anstoßes.
So gehört zu den negativen Auswirkungen der Schotterflächen, neben der Versiegelung und Schädigung des Bodens und dem Verlust von Nahrungs- und Rückzugsraum für Tiere, auch die zusätzliche Aufheizung der Umgebungstemperatur in heißen Sommermonaten.
Im Rahmen der Ausstellung „Leben im blühenden Vorgarten“ des Wiesbadener Umweltamtes ergab sich für die Hessische Gartenakademie (HGA) die Möglichkeit, die Auswirkungen von Schotterflächen auf die Umgebungstemperaturen zu demonstrieren. Dabei ist ein Kleinmodell entstanden, das auf einfache Weise den Einfluss von Schotterflächen auf ihre Umgebungstemperatur und somit auf das innerstädtische Kleinklima veranschaulicht.
Die Aufheizung der Siedlungsgebiete
Im Zuge der globalen Erwärmung werden die Sommermonate immer wärmer und auch nachts bleiben die Temperaturen für einen längeren Zeitraum über 20 °C. Diese Nächte werden als sogenannte Tropennächte bezeichnet.
Das alleine ist schon unangenehm für uns Menschen und beeinträchtigt unseren Schlaf. Wenn aber noch Flächen dazukommen, die tagsüber Wärme (Sonnenlicht) gut aufnehmen und speichern können, dann kann es nachts durch die zusätzliche Wärmeabgabe in der unmittelbaren Umgebung unerträglich warm werden.
Dieser Effekt gilt nicht nur für Schotterflächen, sondern auch für andere versiegelte Flächen, Mauern oder Hauswände. Deswegen ist es in Siedlungsbereichen immer wärmer als im Umland, was bisher in dicht besiedelten Stadtlagen sehr deutlich wahrnehmbar war.
Durch die Zunahme dichter Bebauung sowie versiegelter und geschotterter Flächen entwickelt sich ein solches Stadtklima mittlerweile auch im Bereich von Stadtrandlagen und Ortschaften. Das im folgenden beschriebene Modell verdeutlicht den klimatischen Effekt einer Schotterfläche.
Die Idee/ der Modellaufbau
Für das Modell stand das Ausstellungsobjekt „Mülltonnenbox aus Holz“ zur Verfügung. Solche Boxen bieten in Vorgärten eine schöne Möglichkeit, die eher schnöden Mülltonnen unterzubringen. Eine Edelstahlschale bildet bei dieser Mülltonnenbox die Dachfläche, die für die Anlage einer extensiven Dachbegrünung konzipiert ist.
Die Idee war, die Fläche zu teilen und auf der einen Seite eine Schotterfläche und auf der anderen eine Pflanzfläche anzulegen. Als Sonnenenergieersatz fungierten zwei Wärmelampen oberhalb der jeweiligen Fläche. Die Temperaturen der beiden Seiten werden dann im und auf dem Substrat gemessen und regelmäßig von den Beschäftigten des Umweltladens in eine Tabelle eingetragen.
Die Testphase
Bevor das Modell im Wiesbadener Umweltladen aufgebaut wurde, musste zunächst eine kurze Testphase durchlaufen werden, um zu prüfen, ob der Aufheizungseffekt unter den künstlichen Bedingungen ausreichend realistisch simuliert werden kann. (Bilder Testphase 1 bis 3)
Dafür wurden im Spätsommer in einem Gewächshaus zwei unterschiedliche Testmodelle aufgebaut. Zum einem ein Kasten, der vom Aufbau der Dachbegrünung auf der Müllbox entspricht. Und zum Vergleich zwei separate Flächen mit höherer Außenumrandung für den Fall, dass das erste Modell nicht den Effekt zeigt. Die Temperaturen wurden jeweils auf der Erde bzw. auf dem Schotter und oberhalb des jeweiligen Substrates gemessen. Über jeder Fläche hing eine Wärmelampe mit einer Leistung von 150 Watt.
Das Diagramm mit den Oberflächentemperaturen stammt aus dieser Testphase Anfang September im Gewächshaus. Zu einer Zeit, in der die Nachttemperaturen schon merklich kühler wurden.
Man kann anhand der Temperaturverlaufskurven gut erkennen, dass sich der Schotter (rote Linie) im Vergleich zur Pflanzfläche (grün) tagsüber stärker erwärmte und an einem Tag sogar 50 °C überstieg. Die Temperatur der Schotterfläche lag meistens um mindestens 10°C bis teilweise sogar 20°C höher als die der Pflanzfläche. Wenn sich nachts die Lufttemperatur abkühlte, glichen sich die Oberflächentemperaturen der beiden Flächen fast wieder an.
Ließ man aber die Wärmelampe nachts brennen (vom 07.09. auf den 08.09.), um eine Tropennacht zu simulieren, erkennt man gut, wie der stark erwärmte Schotter auch in der Nacht kontinuierlich Wärme an die Umgebung abgab. Das sind die Nächte in denen die nächtliche Abkühlung nicht mehr funktioniert, die für das menschliche Wohlbefinden notwendig ist.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kam der Vergleich von Schotter- bzw. Pflasterflächen und Grünflächen unter Zuhilfenahme einer Wärmebildkamera. Die Aufnahmen wurden Ende August gemacht.
Auch noch in den spätsommerlichen Abendstunden wiesen Schotter- und Pflasterflächen sowie Mauern eine mehr als 10 °C höhere Abstrahlungstemperatur auf.
Die Erkenntnis
Der Gewinner dieses Vergleiches ist die Pflanzfläche und macht die Vorteile, die eine Pflanzfläche gegenüber Schotterflächen in Bezug auf die Umgebungstemperatur hat, deutlich.
Pflanzflächen dienen als natürliche Klimaanlagen, bedingt durch den Effekt der Verdunstungskühle, der auch nachts noch stattfindet. Deswegen war die Temperaturentwicklung in dem Versuch auf der Pflanzfläche relativ gleichbleibend und wies keine derart hohen Temperaturspitzen wie die Schotterfläche auf. Pflanzen beschatten zudem den Boden und verhindern so dessen starke Erwärmung.
Schotterflächen oder allgemein alle versiegelten Flächen haben diesen Abkühlungseffekt nicht, da diese kein Wasser speichern.
Wenn Sie also aktiv etwas gegen die zusätzliche Aufheizung ihrer unmittelbaren Umgebung unternehmen möchten, können Sie zum Beispiel
- Pflanzflächen anlegen,
- Haus- und Garagendächer sowie Mülltonnen- oder Fahrradboxen begrünen (sofern geeignet),
- einen Schatten bietenden Hausbaum pflanzen,
- und Mauern oder die Fassade Ihres Hauses mit Kletterpflanzen oder auch Spalierbäumen begrünen. Wenn Sie keine Selbstkletternden Pflanzen an Ihrer Hausfassade möchten, gibt es rankende Alternativen, die ein entsprechendes Ranksystem benötigen.
Mehr Informationen
Wenn Sie mehr über die Ausstellung „Leben im blühenden Vorgarten“ wissen möchten und welche Möglichkeiten Sie bei der Gestaltung Ihres Vorgartens haben, können Sie die Ausstellung noch bis zum 26. März 2021 besuchen. Diese ist im Umweltladen in der Luisenstraße 19, Wiesbaden untergebracht. Informationen und Öffnungszeiten sind auf der Website des Umweltladens zu finden. (Corona-bedingt vorübergehend geschlossen!)
Auch bietet die Hessische Gartenakademie im März 2021 ein Seminar zum Thema ‚Der Vorgarten – die Visitenkarte des Hauses‘ an – sofern nach Pandemielage unsere Seminare wieder wie vorgesehen stattfinden können.
Inspirationen bietet die Initiative Rettet den Vorgarten.
Informationen über Staudenmischpflanzungen finden Sie im Beitrag Trockenstresstolerante Staudenmischpflanzungen.