Pflanzenschutz (Dauergrünland)
Engerlinge: Abschätzung der Befallslage und Gegenmaßnahmen
Im Jahr 2020 wurden in verschiedenen Regionen Hessens massive Grünlandschäden durch Engerlinge festgestellt. Letztes Jahr beruhigte sich die Lage vielerorts, doch Experten warnen vor einem massenhaften Auftreten in 2022.
Mittels Probegrabungen kann der aktuelle Befallsdruck ermittelt und der zu erwartende Schaden abgeschätzt werden. Wie diese durchgeführt und wie die Larven bestimmt werden können, wird im folgenden Beitrag erklärt.
Machen Sie mit beim Monitoring!
Um die Ergebnisse zu bündeln und letztlich einen Überblick über die Befallslage in Hessen zusammenstellen zu können, ist jede Form der Rückmeldung, auch wenn keine Larven gefunden wurden, hilfreich.
Schreiben Sie eine E-Mail (Betreff: Engerlinge) an
Sie sollte folgende Daten enthalten: Standort, Kultur, Anzahl der Grabungen, Larvenart und Befall/m².
Jede Rückmeldung zählt! Vielen Dank!
Anleitung zur Probegrabung
Je nach Witterung und Höhenlage können ab Mitte April Probegrabungen durchgeführt werden, um den Befallsdruck abzuschätzen. Hierfür sollte auf Flächen, die in den Vorjahren Schäden aufzeigten, mittels Gartenspaten zwei spatenbreit im Karree/Quadrat, etwa 10 cm tief eine Grassode ausgestochen werden. Je wärmer es ist (Witterung, Südhang, Zeitpunkt der Grabung etc.), umso weiter oben sind die Larven zu finden. Die Fläche (2x Spatenbreite) entspricht etwa 1/10 Quadratmeter. Werden Larven gefunden sind diese zu zählen und der Wert mit 10 zu multiplizieren, um den Befall je Quadratmeter zu ermitteln. Insgesamt sollten je Hektar 10 Probegrabungen erfolgen. Es gelten folgende Befallsgrenzen:
- Gering: 10 Larven/m², keine Gegenmaßnahmen notwendig
- Mittel: 20 bis 40 Larven/m², es ist mit Fraßschäden zu rechnen
- Stark: > 40 Larven/m², es ist mit erheblichen Fraßschäden zu rechnen
Werden also im Schnitt mehr als zwei Larven je Probegrabung ermittelt, sind unbedingt Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um den Schaden zumindest zu begrenzen.
Gegenmaßnahmen bei starkem Befall
Intensive Beweidung
Die intensive Beweidung fördert eine dichte Grasnarbe. Dadurch wird den adulten Tieren die Eiablage erschwert. Gleichzeitig mögen viele Bodenbewohner (das gilt auch für Mäuse) keine oberirdische Aktivität. Vor allem aber sorgt die Beweidung dafür, dass angefressene Graswurzeln den Kontakt zum Boden nicht so schnell verlieren. Außerdem wird der oft massive Folgeschaden durch z.B. Krähen, die die Larven aus dem Oberboden picken und damit die Grassoden lösen, reduziert.
Umbruch
Der Umbruch von Dauergrünland ist genehmigungspflichtig und in bestimmten Bereichen (z.B. Natura2000-Gebieten) grundsätzlich untersagt. Im Einzelfall und abhängig vom Ausmaß des Schadens ist zu prüfen, ob eine Genehmigung erteilt werden kann. Ansprechpartner sind hier die Unteren Naturschutzbehörde bzw. der Fachdienst Landwirtschaft beim jeweiligen Landkreis.
Da der Umbruch äußerst kostenintensiv ist und zudem mit erheblichen Ertragsausfällen einhergeht, sollte diese „Bekämpfungsmethode“ nur in Ausnahmefällen angewendet werden. Wenn unvermeidbar, ist er wie folgt durchzuführen:
Die befallene Fläche ist zu fräsen. Der Umbruch von Teilflächen ist leider wenig wirksam, da sich die Larven oft auch in Bereichen des Grünlandes befinden, in denen oberflächlich (noch) keine Narbenschäden sichtbar sind. Um die Larven mechanisch zu schädigen, empfiehlt sich der Einsatz von Fräsen zu einem Zeitpunkt in dem sich die Larven noch in den oberen Bodenschichten befinden. Gleichzeitig sollten ausreichend Niederschläge absehbar sein, um die folgende Aussaat/Neuanlage nachhaltig zu etablieren. Je nach Höhenlage und Witterung empfiehlt es sich, die Maßnahme ab August bis spätestens Mitte Oktober durchzuführen. Da die Larven empfindlich auf UV-Licht reagieren, sollte an einem sonnigen Tag gefräst werden. Der Wirkungsgrad wird erhöht, wenn nach zwei bis fünf Tagen erneut gefräst und dann erst eingesät wird. Im Nachgang ist zu walzen, um den nötigen Bodenschluss zu gewährleisten. Bei der Neuanlage ist unbedingt auf
empfohlenes Saatgut
zurückzugreifen, um eine ausdauernde, trockentolerante und winterfeste Narbe langfristig zu etablieren.
Pflanzenschutz
Folgender Warndiensthinweis des Pflanzenschutzdienstes Hessen bzgl. entsprechender Notfallzulassung aus dem Frühjahr 2022:
„Für das biologische Präparat Exigon mit Beauveria bassiana Stamm BOV1 (ein Pilz) wurde eine Notfallzulassung vom 04. März bis 01. Juli 2022 (120 Tage) für Wiesen, Weiden, Rasen und Sportplätze erteilt. Exigon darf während der Vegetationsperiode auf Wiesen und Weiden, Rasen, Sportplätzen zur Bekämpfung des Larvenstadiums (Engerlinge) beim Überschreiten von Behandlungsschwellen und erwartetem Starkbefall der erstens, mit Hilfe der Cultantechnik/Säschlitztechnik eingebracht und zweitens gespritzt werden. In den Erläuterungen zur Anwendungstechnik wurde festgehalten, dass das Mittel umbruchlos und als Suspension und nach Umbruch mit driftreduzierenden Düsen, niedrigem Spritzbalken auf unbewachsenen Boden und direkt gefolgt von einer Einarbeitung und Neuansaat ausgebracht werden darf.
Die Aufwandmenge wurde einheitlich auf 3 kg/ha festgelegt. Maximal dürfen 6 kg/ha (bei zwei Anwendungen) ausgebracht werden. Die Wartezeit ist durch die Anwendungsbedingungen und/oder die Vegetationszeit abgedeckt, die zwischen Anwendung und Nutzung (z.B. Ernte) verbleibt bzw. die Festsetzung einer Wartezeit in Tagen ist nicht erforderlich.
Hinweis: Für den Einsatz des genannten Präparates gilt, dass gemäß §29 Abs. 1 Satz 2 PflSchG sämtliche weiteren Auflagen bei der Anwendung ebenso zu beachten sind, wie die Angaben zur Einstufung und Kennzeichnung gemäß Verordnung, die Sicherheitshinweise und die sonstigen Hinweise.“ (Warndienstmeldung RP-Gießen, 10.März 2022)
Versuche zum Einsatz von Exigon laufen derzeit in mehreren Bundesländern. Bzgl. Wirkungsgrad reichen die Ergebnisse von 30 bis 90 %. Die Erfahrung hat gezeigt, dass ein möglichst zeitiger (bestenfalls bevor oberirdisch Schaden sichtbar wird) ggf. auch mehrjähriger Einsatz sinnvoll ist. Die Larven werden nämlich vor allem dann sicher vom Pilz befallen werden, wenn dieser in ausreichender Konzentration im Boden vorliegt. Bei Trockenheit ist die Ausbringung via Cultantechnik/Säschlitztechnik erschwert. Eine geringe Bodenfeuchte führt außerdem dazu, dass sich das Mittel nur begrenzt im Boden ausbreiten und damit auch die Larven nur schwer erreicht werden. Weiter ist die Halbwertzeit des Pilzes im Boden bisher nicht geklärt.
Bestimmung der Arten
Auf Anfrage unterstützt der LLH bei der Bestimmung der Engerlinge.
Wichtig: Manchmal sind mehrere Arten für das Schadbild verantwortlich. Daher sollte eine Probe mindestens 10 Larven, aus verschiedenen Grabungen eines Standortes enthalten.
Unterscheidungsmerkmal zu Tipula-Larven der Wiesenschnake: Fliegenlarven haben keine Beine und der Kopf ist weniger deutlich zu erkennen.
Wenn Bilder angefertigt werden, bitte im Großformat: Analspalte und Beinpaare. Da sich die lebenden Larven für die Untersuchung nur schwer ruhigstellen lassen, ist es meist erforderlich, diese z.B. in kochendem Wasser abzutöten (ca. 1 Minute).
Das Larvenstadium lässt sich vor allem anhand der Größe bestimmen. Entsprechende Größenangaben sind der folgenden Tabelle zu entnehmen.
Art | Größe der adulten Käfer | Größe der Larven |
---|---|---|
Maikäfer Melolontha melolontha | 20-30 mm | 25-35 mm |
Junikäfer Amphimallon solstitiale | 14-18 mm | 20-35 mm |
Gartenlaubkäfer Phyllopertha horticola | 8-11 mm | bis 15mm |
Purzelkäfer Hoplia philanthus | 8-9 mm | bis 20 mm |
Japankäfer Popillia japonica | 8-12 mm | L1 bis L3: 10/19/32 mm |
Sofern weitere Unterstützung zur Bestimmung notwendig ist, kann der Pflanzenschutzdienst Hilfestellung leisten.
Ansprechpartnerin ist Christine Pokoj
0641-3035228
Nach Voranmeldung per Mail kann eine Probe von 10 Tieren, möglichst lebendig und unbeschadet in einem Glas verpackt (Boden und etwas Grasnarbe, Luftlöcher im Deckel nicht vergessen) und mit ausgefülltem Probenbegleitbrief eingesendet werden.
Sollten beim Monitoring Larven mit dem nachfolgenden Borstenfeld auftreten, ist der Pflanzenschutzdienst Hessen umgehend zu informieren. Es handelt sich dann möglicherweise um den invasiven Quarantäneschadorganismus Japankäfer (Popillia japonica).
Sie haben weitere Fragen? Besuchen Sie unseren Online Höfe-Stammtisch zum Thema „Engerlinge im Grünland“ am 09. Juni um 20:15 Uhr!