Grünland & Futterbau
Maiszünsler: Biologie, Schadbild und Bekämpfung mit Trichogramma
Der Mais ist die mit Abstand bedeutendste ackerbauliche Sommerkultur. Die Anbaufläche von Körner- und Silomais beträgt in Hessen etwa 50.000 ha.
Bedeutung des Maiszünslers
Der Maiszünsler ist in allen Maisanbaugebieten in Hessen bis in die Höhengebiete anzutreffen, wobei kühl-feuchte Tallagen eher gemieden und warme Hanglagen bevorzugt angeflogen werden. Es gibt mittlerweile nahezu keinen Maisschlag der nicht von Maiszünslerbefall betroffen ist. Besonders in Westhessen, Ost- und Nordhessen hat in den letzten Jahren eine stetige Befallszunahme stattgefunden und Befallswerte bis 80 % befallener Pflanzen erreicht. Aber auch in anderen Regionen wurde kleinräumig ein erheblicher Befall festgestellt. In 2022 war der Befall hingegen in Nord- und Osthessen schwächer als in den Vorjahren und lag meist unter 10 %.
Der Maiszünsler verursacht Ertragsverluste bis zu 30 % und mehr in den Hauptbefallsgebieten. Betroffen sind alle Nutzungsrichtungen des Maises, wobei in Süßmais (Zuckermais) kein Befall des Kolbens toleriert werden kann.
In Körnermais ist der Maiszünslerbefall von besonderer Bedeutung, da aufgrund der langen Abreifephase es beim Kolbenbefall sekundär zu Fusarium und Mykotoxinbildung kommen kann, die die Verwendung stark einschränkt. Ab einem Grenzwert von 1,75 mg DON/kg ist Körnermais nicht mehr vermarktungsfähig. Daher ist eine konsequente Maiszünslerbekämpfung Voraussetzung für die Produktion von qualitativ hochwertigem Mais.
Das Auftreten und das Schadausmaß des Maiszünslers ist in jedem Jahr unterschiedlich und hängt in erster Linie von der Witterung in der Zeit vom Hauptfalterflug bis zum Larvenschlupf ab.
Biologie
Der Maiszünsler (Ostrinia nubilalis) gehört zu den Schmetterlingen. Das hellbraune Weibchen (3,0 bis 3,5 cm Flügelspannweite) hat im Vergleich zum dunkel- bis rotbraunen Männchen ein deutlich dickeres Hinterteil und ist allgemein etwas größer. Ab Anfang Juni (2018 war dies bereits Ende Mai!) beginnt der Falterflug in den wärmeren Regionen wie dem Rheintal. In den kühleren Regionen der Mittelgebirge kann dies bis zu 4 Wochen später sein. Je nach Lage, Witterung, Befallsregion und Jahr kann sich der Flug bis Anfang August hinziehen und mehrere Flughöhepunkte ergeben.
Das Weibchen legt je nach Witterung zwischen 300 bis zu 1000 Eier in Gelegen von 12 bis 40 Eiern dachziegelartig auf die Unterseite der mittleren Blätter ab. Nach einer Reifephase schlüpfen nach 4 bis 14 Tagen (2018 waren es nur 5 bis 8 Tage) die jungen Räupchen, die sich zunächst Nahrung auf den Blättern suchen und vor allem den mit der einsetzenden Blüte herabfallenden Pollen als energiereiches Futter aufnehmen bevor sie sich in den Stängel einbohren.
Die Witterung von der Phase der Eiablage bis zum Einbohren in die Pflanze entscheidet maßgeblich über das Schadausmaß des Maiszünslers in dem jeweiligen Jahr. Sehr warme Witterung mit hohen Nachttemperaturen in Verbindung mit leichten Niederschlägen begünstigen Falterflug, Eiablage und Larvenschlupf positiv und wirken sich förderlich auf den Befall aus, während eine sehr feuchte und kühle Witterung oder sehr heiße und trockene Witterung sich negativ auf den Befall auswirken.
Die Falter können mehrere Kilometer fliegen zur Suche neuer Felder zur Eiablage. Im Laufe der Vegetation frisst sich die Larve von oben nach unten durch den Stängel, wobei sie sich oberhalb der Knoten ausbohrt und unterhalb wieder einbohrt. Dabei kann sie über die Blätter auch auf Nachbarpflanzen kommen und somit mehrere Pflanzen schädigen. Zum Vegetationsende gelangt sie dann in den unteren Stängelabschnitt, wo sie auch überwintert. Auch zu diesem Zeitpunkt bis ins Frühjahr können die Larven noch wandern und sich neue Stoppeln zur Verpuppung suchen. Die Verpuppung beginnt im Mai bevor im Juni die neuen Falter schlüpfen. In 2023 wurden am 12.06. erste Falter in Südhessen beobachtet.
Zur Ernte befinden sich bis zu 70 % der Larven im Bereich unterhalb des zweiten Knoten. Dies ist der Restteil der Pflanze der nach der Ernte auf dem Feld verbleibt und durch den Erntevorgang nahezu unbeschädigt bleibt.
Schadbild
Erste Befallshinweise zeigen abgeknickte, meist rot verfärbte Fahnen an, die bereits ab Ende Juli zu sehen sind.
Im Spätsommer und Herbst zeigen sich dann Ein- und Ausbohrlöcher mit Bohrmehl, bei Starkbefall abgeknickte Stängel und im Stängelinnern die Fraßgänge der Larven. Durch die Fraßtätigkeit werden die Leitbahnen zerstört und die Nährstoffzufuhr unterbunden. Dies kann zu erheblichen Ertrags- und Qualitätsverlusten führen.
Neben dem Stängel wird auch der Kolben befallen. Meist verbleiben spät auftretende Larven im oberen Pflanzenteil und fressen an den frisch gebildeten Körnern, bzw. in der Spindel. Dieser Befall zieht in der Regel unerwünschten Fusariumbefall mit Mykotoxinbelastungen nach sich und mindert dadurch Ertrag und Qualität zusätzlich.
• Bei Starkbefall liegen die Ertragsverluste im Körnermais bei ca. 20 bis 40 %, die in Extremjahren wie 2006 und örtlich 2017 noch überschritten werden.
• Die Schadensschwelle liegt im Körnermais bei 25 bis 30 % befallener Pflanzen und im Silomais bei 35 bis 45 % befallene Pflanzen
Bekämpfung mit Trichogramma-Schlupfwespen
• Seit 35 Jahren wird erfolgreich das biologische Bekämpfungsverfahren mit der Schlupfwespe Trichogramma brassicae angewandt.
• Die Schlupfwespen parasitieren die Maiszünslereigelege, so dass keine Zünsler-, sondern Schlupfwespenlarven daraus schlüpfen.
• Bei den Trichogramma Schlupfwespen handelt es sich um winzige, lebende Tiere die speziell gezüchtet werden und in einem Ruhezustand in Mehlmotten- oder Getreidemotteneiern auf speziellen Trägern geliefert werden.
• Auf dem Markt bieten die Firmen Biocare, Fenaco – Ufa-Samen Nützlinge und AMW Nützlinge verschiedene Ausbringungsverfahren an. Entweder als Kugeln zum Werfen oder als Kärtchen/Anhänger/Boxen aus Pappe zum Einhängen an die Pflanze.
• Bei jedem Verfahren ist gewährleistet, dass sich pro Hektar mindestens 200.000 Schlupfwespen in mehreren Schlupfwellen auf die Suche nach Maiszünslereigelegen begeben. Bei zweimaliger Ausbringung 2×100.000, bei einmaliger Ausbringung 1×200.000.
• Dadurch wird sichergestellt, dass über etwa 2-3 Wochen kontinuierlich Trichogrammen für die Parasitierung zur Verfügung stehen.
• Der Einsatz von Trichogramma-Schlupfwespen ist nützlingsschonend, hat keine negativen Auswirkungen auf den Naturhaushalt und Oberflächengewässer, unterliegt keinen Umweltauflagen und ist anwenderfreundlich. Die Kugeln, Kärtchen und Papphänger sind biologisch abbaubar.
Ausbringung
• Für die Ausbringung der Trichogrammen sind etwa 15 bis 20 Minuten/ha für die Handausbringung notwendig und etwa 20 Minuten für 5 ha für die Multikopterausbringung. Damit ist dieses Verfahren nicht zeitaufwendiger als eine Spritzapplikation.
• Seit 2015 wird die Ausbringung der Schlupfwespen mit Multikoptern flächig für die Landwirtschaft angeboten.
• In Hessen werden 2023 etwa 1500 ha Mais mit Trichogramma behandelt, davon 1200 ha mit Multicoptern (Kleinsthubschraubern) und 300 ha per Hand.
• Die Multikopter-Ausbringung erfolgt in Hessen mit verschiedenen Dienstleistern. Die Abwicklung und das erforderliche Flächenmanagement erfolgen über die Hessischen Maschinenringe.
• Für die Ausbringung ist eine gute Koordination und Absprache aller Beteiligten erforderlich.
• Der richtige Einsatztermin wird vom Pflanzenschutzdienst und dem LLH durch Beobachtung des Falterfluges, der Eiablage und der Witterung ermittelt und über den Warndienst, Beratungsinfo und den telefonischen Ansagedienst bekanntgegeben (Tel.0641/303-5246). Informationen über den Flugverlauf des Maiszünslers an den einzelnen Pheromonfallen und Fanglampenstationen in Hessen können Sie über die Internetseite des RP Pflanzenschutzdienst und auf einer interaktiven Karte abrufen.
Kosten und Wirkungsgrad
• Die Kosten sind mit etwa 70 €/ha (Einmalige Ausbringung) vergleichbar der Insektizidanwendung (inkl. Ausbringung)
• In Hessen wird das Verfahren auch an einigen Standorten in Versuchen und Kontrollparzellen begleitet um Wirksamkeit und Anwendung im Feld zu beobachten.
• Eine Trichogramma-Anwendung erzielt Wirkungsgrade von meist 50 bis 70 %, kann aber darunter (30 %) und darüber liegen (bis 85 %).