Sommergetreide
Qualitätshafer – so gelingt der Anbau
Hafer gilt als Gesundungsfrucht und besitzt somit einen hohen Vorfruchtwert. Er wird weder von Schwarzbeinigkeit noch Halmbruch befallen und unterbricht, vor allem in engen, weizenlastigen Getreidefruchtfolgen, dementsprechend Infektionszyklen.
Als Sommerung punktet Hafer im Vergleich zum Wintergetreideanbau mit der Auflockerung der Fruchtfolge, der Möglichkeit einer nachhaltigen Beseitigung von Bodenstrukturschäden (gekoppelt mit Zwischenfruchtanbau), der preiswerten Produktionstechnik sowie in der Entzerrung von Arbeitsspitzen.
Besonders der Aspekt der Auflockerung enger Winterfruchtfolgen hat in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen: in Sommerungen treten Ungräser deutlich weniger auf – eine Chance bei resistenten Gräsern einen Schritt nach vorn zu machen.
Hafer wird hierzulande vorwiegend als Futtergetreide verwertet. In den vergangenen Jahren ist die Nachfrage und der Bedarf an Schälhafer für die Nahrungsmittelproduktion zudem deutlich angestiegen. Nur ein relativ geringer Anteil der Ware wird aus heimischer Produktion gedeckt; die Schälmühlen importieren das Gros hauptsächlich aus Skandinavien. Für den Anbau von Schälhafer ist die Sortenfrage im Vorfeld mit der aufnehmenden Hand abzustimmen. Ein Hektolitergewicht von mind. 52 kg, geringe Spelzenanteile, Schälbarkeit und Korngrößensortierung sind wesentliche Kriterien für die Schälhafervermarktung. Als Schälhafersorten sind u.a. Bison, Max, Apollon, Armani, Bison, Delfin, Lion, Max gelistet.
Hafer mag es eher kühl in der Wachstumsphase
Die geforderten Qualitäten können vor allem beim hl-Gewicht in der Praxis nur auf guten Standorten bei gesicherter Wasserversorgung, nicht zu hohen Niederschlägen sowie kühleren Temperaturen während der Kornfüllungsphase und der Abreife erreicht werden. In den zurückliegenden Trockenjahren mit hohen Temperaturen in der Korneinlagerungsphase wurden die geforderten Kriterien auch auf guten Standorten nicht immer erfüllt. Hafer reagiert unter diesen Bedingungen empfindlicher als Sommergerste. Bestandesdichten dürfen deshalb auch auf guten Standorten nicht überzogen werden. Schwächere Standorte kommen für den Anbau von Schälhafer nicht in Frage.
Hafer ist eine Langtagspflanze und benötigt ausreichend Vegetationstage im Frühjahr für eine gute Trieb- und Wurzelentwicklung (Sprichwort: Maihafer = Spreuhafer). Anzustrebende Bestandesdichten liegen bei 350 – 450 rispentragenden Halmen/m². Daraus ergeben sich, je nach Aussaatzeitpunkt, folgende Saatstärken: günstige Lagen 280 – 300 keimfähige Körner/m², Höhenlagen 300 – 320 keimfähige Körner/m². Saatgut auf eine Tiefe von 3 – 4 cm, je nach Bodenwassergehalt, ablegen.
Hafer verfügt über ein leistungsfähiges Wurzelsystem. Überzogene N-Gaben führen zu Reifeverzögerungen, ungleichmäßiger Abreife von Korn und Stroh und in trocken Jahren u.U. zu Zwiewuchs. Generell ist eine frühzeitige Stickstoffversorgung wichtig. Bei späten Aussaatterminen und wenn mit längerer Trockenheit zu rechnen ist, die erste N-Gabe einarbeiten. Dadurch ist gewährleistet, dass der Stickstoff den auflaufenden Pflanzen witterungsunabhängig schneller zur Verfügung steht. Vor oder zur Aussaat auf einen Nmin-Sollwert von 100 kg N/ha aufdüngen, gefolgt von einer 2. Gabe in der Mitte der Schoßphase mit 30 – 40 kg N/ha. Das Nachlieferungsvermögen der Böden, besonders bei langjähriger Gülledüngung, ist bei der Bemessung der 2. Gabe zu beachten.
Aspekte des Pflanzenschutzes
Wie bereits erwähnt, ist die Bedeutung von Gräsern in Sommerungen im Vergleich zu Winterungen meist deutlich geringer. Im Hafer besteht keine Möglichkeit, Ungräser chemisch zu bekämpfen. Wer auf einen Striegel zurückgreifen kann, hat die Chance, mechanisch zu regulieren. Gegen Unkräuter stehen ausreichend Präparate zur Verfügung.
Wachstumsregler sind angepasst an die Witterung einzusetzen. Ein Zuviel kann Ertrag kosten. Unter Wassermangel oder Staunässe leidende Bestände sowie dünne, schlecht ernährte von Behandlungen ausschließen. Einsatztermine für CCC mit 1,2 bis 1,8 L/ha liegen im Stadium 32 – 37. Um Lager zu vermeiden, ist der Einsatz zum BBCH 32 anzuraten. Eine spätere Applikation (bis BBCH 39) beugt vorrangig dem Halm- und Rispenknicken vor. Auf guten Ertragsstandorten und hoher N-Nachlieferung bei lageranfälligen Sorten (Max, Delphin) hat sich der Einsatz von Trinexapac (Moddus, Moxa, Countdown) bzw. Prodax mit 0,3 – 0,4 L/ha in BBCH 31-32 bewährt. Soweit dann noch erforderlich können Spritzfolgen bei hoher N-Nachlieferung in BBCH 37/39 mit 1,0 – 1,5 L/ha CCC erfolgen.
Im Hafer sind nur wenige Fungizide zugelassen. Deren Einsatz ist auch keine „Standardmaßnahme“. Im Gegenteil, die Kultur benötigt häufig keine Fungizide. Mehltau zum Schossbeginn ist meist nicht bekämpfungswürdig. Von regionaler Bedeutung ist der Haferkronenrost. Tritt der Befall zum Ende des Schossens auf, ist die Aufwandmenge des eingesetzten Fungizides um 20 – 30 % zu reduzieren. Ansonsten kann, vor allem in Höhen- und Übergangslagen, der eintretende Greening-Effekt die Strohabreife deutlich verzögern. Fungizide führen oft zu Blattaufhellungen. Bei ungünstigen Einsatzbedingungen können auch Ertragsminderungen auftreten. Dies wurde in den Sortenversuchen immer wieder beobachtet. Oft wird die Abreife des Strohes verzögert. Dies muss, insbesondere in den Höhenlagen bei Spätdrusch, beachtet werden.
Der Blattlauszuflug ist mit Beginn der Schossphase ca. ab Ende Mai zu kontrollieren. Blattläuse als Überträger des Gelbverzwergungsvirus sind nicht auszuschließen. Hafer wir häufig vom Getreidehähnchen befallen; um gegen zu steuern können Pyrethroide eingesetzt werden.
Nutzen Sie zur Information die Hinweise im Warndienst des Pflanzenschutzdienstes Hessen RP Gießen sowie in der Pflanzenbau-Beratungsinfo des LLH.
Im Hinblick auf die Fruchtfolgegestaltung ist zu beachten, dass Hafer nicht nach Hafer, Sommergerste oder Sommerweizen stehen sollte, um das Risiko der Vermehrung von Haferzystennematoden gering zu halten. Eine Anbaupause von mindestens vier Jahren zu Hafer und Sommergerste ist deshalb anzustreben.
Für weitere Fragen stehen Ihnen die Pflanzenbauberatungskräfte des LLH zur Verfügung.