Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Landessortenversuche

Ergebnisse der Landessortenversuche Wintergerste 2022/2023

Nicht nur das Wetter, sondern auch die Ernteergebnisse der Wintergerste fielen im vergangenen Anbaujahr sehr heterogen und standortspezifisch aus. Gerade das vergangene Frühjahr beanspruchte die Kultur aufgrund ihrer Empfindlichkeit gegenüber Staunässe und ungünstiger Bodenstrukturen sichtbar. Dennoch konnten in den hessischen Landessortenversuchen (LSV) mitunter sehr gute Leistungen beobachtet werden. Wie die aktuellen Sorten unter den diesjährigen Bedingungen abschnitten, zeigen die Ergebnisse der LSV Wintergerste.

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Mit Berichten von teilweise weniger als 50% Marktwarenanteil (Körn > 2,2 mm), fiel die Erntebilanz bei einigen hessischen Landwirten ernüchternd aus. Einzelne Dokumentation aus der Praxis berichten sogar von Marktwarenanteilen unterhalb von 30 %. Glücklicherweise waren diese Ergebnisse nicht flächendeckend in Hessen vorzufinden, gleichzeitig spiegeln diese Beobachten die hohe Heterogenität der geernteten Partien in diesem Jahr wieder. Entscheidend waren u.a. die schlagspezifischen Bodeneigenschaften sowie die Verteilung der Niederschläge an den jeweiligen Standorten. Trotz die teilweisen überaus ernüchternden Ernteresultate, lagen die Erträge und Qualitäten im gesamthessischen Schnitt schlussendlich auf einem guten Niveau.

Nach ersten Einschätzungen des statistischen Bundesamtes (Destatis 2023) betrug die Anbaufläche in Hessen im vergangen Jahr 65 800 ha. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies eine Erweiterung der von rund 5 000 ha. Die langjährige Flächenentwicklung zeigt aber nach wie vor einen leicht rückläufigen Trend der Anbaufläche (Abb. 1). Ähnliches ist auch auf Bundeseben zu beobachten. Unter den Getreidearten bleibt die Gerste trotzdem weiterhin das zweitwichtigste Getreide in Hessen, wenn auch der Umfang der Winterweizenanbaufläche mehr als doppelt so groß ist. Der Schwerpunkt im Anbau liegt bei der Winterform, sodass ca. dreiviertel aller Gerstenbestände in Hessen im Herbst ausgesät werden (Abb. 1).

Entscheidungen für die Herbstaussaat

Für die Herbstaussaat kommen in Hessen (im Gegensatz zu manch anderen Bundesländern) sowohl zwei- als auch mehrzeilige Sorten in Frage. Diese Entscheidung ist regions- und betriebsspezifisch zu treffen. Klassischerweise ist in Hessen ein „Nord-Süd-Gefälle“ festzustellen. Während im Norden die mehrzeilige Form Vorteile bringt, sind in Südhessen vorrangig zweizeilige Gersten zu bevorzugen. Der Hauptunterschied der beiden Formen liegt im Ertragsaufbau. Zweizeilige Sorten können größere Körner mit besserer Qualität ausbilden. Bei ausgeprägten Sommertrockenheitsphasen können aufgrund der Qualitätsbetonung noch entsprechende Hektolitergewichte und Marktwarenanteile erzielt werden. Mehrzeilige Gersten zeichnen sich durch eine höhere Kornzahl je Ähre aus, allerdings mit geringerer Korngröße. Dadurch wird meist ein höheres Ertragsniveau erreicht – vorausgesetzt es sind entsprechende Bedingungen gegeben. Grundsätzlich gilt: je kühler und wasserreicher der Standort ist, desto besser eignen sich mehrzeilige Sorten. Bei Trockenheit und Hitzestress sollte sich auf die besseren Kornqualitäten der zweizeiligen Sorten fokussiert werden, um die Mindestqualitäten für eine entsprechende Vermarktung abzusichern. In den weitesten Teilen von Hessen sind dadurch beide Formen anbauwürdig, sodass betriebsindividuell in Abhängigkeit des Standortes entschieden werden muss.

Um dieser Entscheidung Information beizutragen, erfolgt die Prüfung der mehr- und zweizeiligen Sorten in Hessen in zwei getrennten, umfangreichen Sortimenten. Insgesamt stehen sechs Prüforte zur Verfügung. Aufgrund der regional unterschiedlichen Bedeutung werden für die Höhenlagen (Versuchsstandort Korbach) nur mehrzeilige, während für die Wärmelagen (Versuchsstandort Griesheim) nur zweizeilige Sorten geprüft. In den Regionen der Versuchsstandorte Friedberg, Marburg, Bad Hersfeld und Fritzlar können beide Formen in Frage kommen, weshalb für die Mittellagen beide Sortimente beurteilt werden. Für einen Vergleich zwischen den beiden Gerstentypen ist grundsätzlich in jedem Sortiment eine Sorte der anderen Gerstenform mitgeführt. Im Versuchsjahr 2022/23 wurden insgesamt 18 mehrzeilige und 14 zweizeilige Wintergerstensorten in den LSV geprüft.

Ziel der jährlichen LSV ist es, die Leistung neu zugelassener Sorten anhand der Leistung bewährter Sorten unter den entsprechenden regionalen Anbaubedingungen zu messen. Zur Ernte 2023 wurden fünf bzw. vier neue Sortenkandidaten in die Sortimente aufgenommen. Die Entscheidung darüber basiert auf den vorherigen Leistungen in den Wertprüfungen des Bundessortenamtes. Da die finale Entscheidung über eine Zulassung der Sorte erst im Frühjahr des Folgejahres fällt, müssen vielversprechende Zulassungskandidaten bereits vorab in die LSV aufgenommen werden. Auffällig in diesem Jahr ist, dass ein Großteil der neuaufgenommenen Sorten keine Zulassung durch das Bundessortenamt im Nachgang erhielt. Da die Sorten jedoch über eine Zulassung in einem anderen EU-Land verfügen und damit vertriebsfähig sind, werden die Ergebnisse zur Ernte 2023 dennoch veröffentlicht. Allerdings ist eine Weiterprüfung der Sorten dadurch nicht gewährleistet.

Für eine fundierte Aussage über Ertrags- und Qualitätsleistung sowie agronomischer Eigenschaften, muss eine Sorte mindestens drei Jahre geprüft werden. Gerade Ertragsstabilität ist bei den aktuell jährlich stark schwankenden Witterungsbedingungen ein überaus wichtiges Kriterium für einen sicheren Anbau. Hier zeigen Sorten deutliche Unterschiede, schlichtweg bedingt durch sortenspezifische Krankheits- und Lageranfälligkeit. Um dies zu erfassen, werden alle Sorten in den LSV unter einheitlichen Bedingungen (Bodeneigenschaften, Nährstoffversorgung, Saatstärke, etc.) geprüft. Lediglich die Pflanzenschutzintensität wird zur Bewertung der Standfestigkeit und gesundheitlichen Ausstattung variiert. Unter reduzierten Bedingungen, wird die Leistung der Sorten ohne Fungizid und mit max. 50% der optimalen Wachstumsreglermenge erfasst. Auftretende Pflanzenkrankheiten oder Standfestigkeitsprobleme können so unmittelbar den Sorteneigenschaften in Verbindung mit dem Standort zugerechnet werden. Das tatsächliche Leistungspotential einer Sorte lässt sich in der optimierten Behandlungsvariante abbilden, bei der die Sorten standortüblich mit Fungiziden und Wachstumsreglern behandelt werden. Neben der Ermittlung des Kornertrags erfolgt nach Ernte die Analyse der Qualitätsparameter Rohproteingehalt, Hektolitergewicht und Tausendkornmasse durch den Landesbetrieb Hessische Landeslabore (LHL).

Schwieriges Frühjahr für nässeempfindliche Wintergerste

Auf einen der wärmsten und trockensten Sommermonate seit Wetteraufzeichnung, folgte zur Gerstenaussaat 2022 ein niederschlagsreicher September sowie ein überdurchschnittlich warmer Oktober. Durch diese Bedingungen konnten sich gerade frühe Saaten rasch entwickeln, aber auch spät gesäte Bestände bestockten sich noch gut. Die Aussaat der LSV in Friedberg, Fritzlar, Marburg und Bad Hersfeld erfolgte termingerecht nach Winterweizen zwischen der letzten September- und ersten Oktoberdekade mit 290-320 Körnern/m². In Griesheim wurde der LSV Ende Oktober nach Zuckerrüben gesät (300 Kö/m²). Durch einen abermals milden Winter (laut DWD in Hessen 2,7°C wärmer als im vieljährigen Mittel der Referenzperiode 1961-1990), entwickelten sich die Bestände und auch die Versuche sehr gut – wenn auch teilweise sehr üppig. Bei frühen Saaten konnten nach Winter mitunter 6-8 Seitenbetriebe festgestellt werden.

Darauf folgte ein überaus nasses Frühjahr. Im Mittel waren in Hessen im März 23 Niederschlagstage zu dokumentieren (DWD). Vielerorts resultiere dies in deutlich aufgehellten, gelbe Gerstenbeständen. Die Ursachen konnten vor allem auf Staunässe und Nährstoffmangel zurückgeführt werden. Vereinzelte Fröste und späte Düngegaben durch fehlende Befahrbarkeit stressten die Bestände zusätzlich. Schlecht ausgebildete Wurzeln sowie zahlreiche Blattflecken waren z.T. die Folge. Günstige Infektionsbedingungen für Gelbmosaikvirus Typ 2 (Virusstamm BaYMV-2) führten zusätzlich zu Aufhellungen und nesterartigen Vergilbungen in den Gerstenbeständen. Im LSV Fritzlar zeigten sich die Symptome deutlich. Die Parzellen waren (sortenspezifisch) nesterweise geprägt von im Wuchs schlechter entwickelten Pflanzen mit strichartigen Aufhellungen und gelblichen Blättern. Durch eine Beprobung des Pflanzenschutzdienstes Hessen wurde schlussendlich eine Infektion nachgewiesen. Mittlerweile haben sich Gelbmosaikviren in vielen Regionen stark verbreitet. Da es keine direkte Bekämpfungsmöglichkeit gibt und die Viren mitunter lange Jahre im Boden überlebensfähig sind, sind auf solchen Flächen stets Sorten mit einer entsprechenden Resistenzausstattung anzubauen (s. Infobox).

Resistenzausstattung von Wintergerstensorten gegenüber Virusbefall:

Die Resistenzausstattung der Wintergerstensorten gegenüber Virusbefall hat sich in den letzten Jahren erweitert und es sind einige neue Sorten auf dem Markt verfügbar. Auch wenn die Ertragsleistungen bei erweiterter Resistenz im Vergleich zu einfach resistenten Sorten weiterhin leicht unterdurchschnittlich ist, ist die Ertragslücke bei den Neuzüchtungen mittlerweile deutlich reduziert.

Gelbmosaikvirus (BaYMV-1, BaYMV-2)

Beim Gelbmosaikvirus sind zwei Stämme bekannt (Typ 1, Typ 2). Mittlerweile verfügen alle im LSV geprüften Sorten über eine Resistenz gegenüber Typ 1. Durch erfolgreiche Resistenzzüchtung konnten auch nach Durchbruch der Typ1-Resistenz für den Typ 2 entsprechende Sorten entwickelt werden. Das Gelbmosaikvirus wird durch den Bodenpilz Polymyxa graminis übertragen. Dieser kann bodenbürtig mittels Dauersporen jahrzehntelang überdauern. Gerade Frühsaaten und Sorten ohne entsprechende Resistenz sind bei Infektionsbedingungen besonders gefährdet. Eine direkte Bekämpfung ist nicht möglich. Doppelresistente Sorten (Virusstamm BaYMV-1, BaYMV-2) stehen zur Verfügung (Tab. 7 + 8).

Gerstengelbverzwergungsvirus (BYDV)

Gelbverzwergungsvirus wird über Blattläuse übertragen. Milde Temperaturen im Herbst begünstigen den Zuflug infizierter Blattläuse aus den Sommerwirten (Mais, Ausfallgetreide). Gerade weit entwickelte Bestände im Herbst sind befallsbegünstigt. Infektionen sind erst im Frühjahr durch nesterweise, gelblich schimmernde Fehlstellen erkennbar. Eine direkte Bekämpfung ist nicht möglich, indirekt über Vektorbekämpfung entsprechend Schadschwelle. Ausfallgetreide o. A. als „grüne Brücke“ sollte vor dem Auflaufen beseitigt werden. Resistente Sorten (Resistenzgen yd2) stehen zur Verfügung (Tab. 7 + 8).

Zu Beginn des Schossens konnten häufig auf den unteren Blattetagen zahlreiche Mischinfektionen festgestellt werden, welche sich aber später in der zweiten Aprildekade mit dem Schossen wieder herauswuchsen. Verbreitet trat der Befall von Rhynchosporium-Blattflecken (Rhynchosporium secalis) und Netzfleckenbefall (Drechslera teres) auf, was sich besonders bei anfälligen Sorten in den LSV wiederfand. Zwergrost und Mehltau konnten regional beobachtet werden. Auch Ramularia bleibt ein jährliches Thema und konnte deutlich in den Versuchen bonitiert werden. Die einsetzende Trocken- und Hitzephasen ab Mai liesen zum Ende der Anbausaison die Bestände rasch abreifen, sodass in Südhessen bereits in der letzten Junidekade gedroschen wurde. Die Erntezeitpunkte der Landessortenversuche reichte von Ende Juni im hessischen Ried und in der Wetterau bis zu Mitte Juli in den Höhenlagen. Unwetterereignisse führten unmittelbar vor Ernte vielerorts zu deutlichen Schäden. Lager trat in den Versuchen Bad Hersfeld und Korbach auf. Glücklicherweise blieb der LSV vom extremen Unwetter in Nordhessen Ende Juni verschont. Aufgrund des BaYMV-2 Befall und in Folge zu hoher Streuung der Daten fiel der Standort Fritzlar diesjährig aus der Auswertung heraus.

Ergebnisse auf gutem Niveau und nur vereinzelt mit Schwächen

Auch in 2023 konnten trotz Hitzephasen die Wintergerstensorten in den LSV sehr gute Ertragsleistungen erzielen. In der optimierten Variante lag das Mittel der Bezugsbasissorten (Sorten mind. 3 Jahre geprüft) zwar rund 5 dt/ha unterhalb des Vorjahres, insgesamt mit über 100 dt/ha aber über dem mehrjährigen Durchschnitt (Tab. 3). Im Mittel über die Standorte wurden ohne Fungizide 96 dt/ha mehrzeilige Wintergerste gedroschen (Tab. 1). Dadurch wurde auch in 2023 ohne Fungizideinsatz ein besseres Ernteergebnis als in 2021 mit Fungizideinsatz erzielt (Tab.  3). Höchste Ertragsleistung wurde in der Wetterau am Standort Friedberg mit 101,8 dt/ha (reduzierte Variante) bzw. 115,9 dt/ha (optimierte Variante) erreicht. Der Kornertrag in Korbach lag rund 30 dt/ha darunter. Unter den mindestens dreijährig geprüften Sorten fällt dieses Jahr die Sorte KWS Morris auf. Sie erzielte an allen Standorten deutlich überdurchschnittliche Ergebnisse und zählt insgesamt zu den drei Sorten mit den besten Ertragsergebnissen. Gleichzeitig zeigt KWS Morris sehr gute Leistungen unter reduziertem Pflanzenschutz. Gleichzeitig fiel der Mehrertrag durch Behandlung gering aus, was auf gute agronomische Parameter schließen lässt. Ähnliches zeigt die Hybridsorte SY Galileoo. Auch diese Sorte erzielte an allen Standorten weiterhin ertragsstabile, überdurchschnittliche Leistungen mit sehr guten Ergebnissen in der reduziert geführten Variante. Mit Ausnahme von Korbach, kann auch Esprit mit hoher und gleichzeitig ertragsstabiler Leistung aufwarten. Enttäuschender fiel in diesem Jahr das Ernteergebnis für die BaYMV-2 und BaMMV tolerante Sorte SU Midnight aus. SU Midnight konnte das dritte Prüfjahr mit nur teilweise deutlich unterdurchschnittlichen Ergebnissen abschließen. SU Midnight profitierte in höherem Maße von der Behandlung (Vergleich reduziert/optimiert), ebenso wie die Sorten KWS Orbit, KWS Exquis, Teuto, SU Hetti, Julia und Avantasia. Weiterhin fiel die Ertragsleistung von KWS Orbit an allen Standorten unterdurchschnittlich aus (Tab. 1).

Die zweizeiligen Gerstensorten konnten in 2023 wiederrum höhere Ertragsleistungen im Vergleich zum Vorjahr erreichen, wenngleich diese entsprechend unterhalb der mehrzeiligen Sorten liegt. Im Mittel der Standorte wurden in der reduzierten Variante 93,1 dt/ha sowie in der optimierten Variante 99,5 dt/ha erzielt. In beiden Varianten konnten ebenfalls in Friedberg die höchsten Erträge festgestellt werden. Mit 115,7 dt/ha in der pflanzenschutzoptimierten Variante lag die Ertragsleistung der zweizeiligen Sorten an diesem Standort gleichauf mit den mehrzeiligen Sorten. Auch in Marburg war der Unterschied der mittleren Ertragshöhe nur gering. Dies spricht klar für die Anbauwürdigkeit beider Gerstentypen an gewissen Standorten. Abgeschlagen mit knapp etwas über 70 dt/ha war die Ertragsleistung in Griesheim. Von den mehrjährig geprüften Sorten konnte Arthene an allen Standorten und in beiden Behandlungsintensitäten mit überdurchschnittlichen Ergebnissen überzeugen. Gute Ergebnisse zeigte auch SU Laubella. Almut schwankte dieses Jahr sehr deutlich in Abhängigkeit des Standortes. Bianca und Bordeaux konnten nur leicht unterdurchschnittliche Ergebnisse erzielen. Die neu geprüften Sorten zeigten in 2023 die höheren Ertragsleistungen (Tab. 2).

Sichere Sorteneinschätzungen durch mehrjährig Daten

Um das Kriterium Ertragssicherheit umfassend zu bewerten, ist die Leistung der Sorten bei verschiedenen Jahresverläufen relevant. Einjährige Daten sind zu stark an das Jahr gebunden, als das eine allgemeine Beurteilung der Sorte erzielbar wäre. Gerade Sorten, die kontinuierlich bei sehr unterschiedlichen Witterungsbedingungen starke Leistungen bringen, beweisen sich als besonders umweltstabil. Inwiefern sich die Witterung im Laufe der Vegetationsperiode verändert, bleibt stets das größte Anbaurisiko. Durch die Wahl ertragsstabiler Sorten über verschiedene Umwelten und Jahre hinweg, kann dieses Risiko reduziert werden.

Bei den mehrzeiligen Sorten erwiesen sich in den vergangenen drei Jahren analog zu den Ergebnissen des Einzeljahres 2023 die Sorten SY Galileoo (Hybridsorte), Esprit und KWS Morris durchweg überdurchschnittlich im Kornertrag. Teuto zeigte in 2022 leichte Ertragsschwächen auf, dennoch fällt das Gesamtergebnis knapp durchschnittlich aus. SU Midnight kann, trotz des schlechteren Ergebnisses in 2023, als virusresistente Sorte mit leicht unterdurchschnittlichen Erträgen in den vergangenen drei Jahren mithalten. Unter den zweijährig geprüften Sorten lassen SY Dakoota (Hybridsorte) und Julia mit Spannung das Ergebnis im dritten Prüfjahr erwarten, nachdem eine mögliche Hauptempfehlung folgen kann (Tab. 3).

Im zweizeiligen Sortiment zeichnen sich die Sorten Arthene ab, welche in beiden Pflanzenschutzvarianten in allen drei vergangenen Jahren stabil überdurchschnittliche Erträge erzielte. Mit Ausnahme der optimiert geführten Variante in 2023, gilt Ähnliches für die Sorte Almut. Damit bestätigen die Sorten ihre Leistungen der beiden ersten Prüfjahre. Bordeaux wiederrum fällt leicht ertraglich ab und kann nur knapp überdurchschnittliche Ergebnisse erreichen (Tab. 4).

Überregionale Ergebnisse bestätigen Sortenleistung

Da die Anbaubedingungen in Hessen sehr unterschiedlich sind, trägt die gemeinsame Auswertung der Versuche entsprechend der geografischen Anbaugebieten zur Absicherung der hessischen Ergebnisse bei. Auf Basis von Boden-Klima-Räumen, wurden für den Wintergerstenanbau entsprechende überregionale Anbaugebiete definiert. Eine Zuordnung der eigenen Schläge kann über Geoportal des Julius-Kühn-Instituts (http://geoportal.julius-kuehn.de/) eingesehen werden. Im Fall der hessischen Versuchsstandorte werden diese dem Anbaugebiet 15 „Höhenlagen Mitte/West“ (Korbach und Bad Hersfeld gemeinsam mit Standorten aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen) sowie dem Anbaugebiet 16 „Wärmelagen Südwest“ (Fritzlar, Friedberg, Marburg und Griesheim gemeinsam mit Standorten aus Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg) zugeordnet. Die mehrjährigen Relativergebnisse des Kornertrags für die Wärmelagen Südwest unter optimierter Bestandesführung sind in Abbildung 2 dargestellt. Bei den mehrzeiligen Sorten zählen Avantasia und Julia zu den ertragsstärksten Sorten. Deckungsleich zum hessischen Ergebnis, liegt bei den zweizeiligen Sorten KWS Tardis ertraglich an der Spitze.

Qualität auf ähnlichen Niveau zum Vorjahr

Die Ergebnisse der Qualitätsparameter Rohproteingehalt, Hektolitergewicht, Tausendkornmasse sowie Siebsortierung sind in Tabelle 5 und Tabelle 6 zusammengefasst. Das Hektolitergewicht der mehrzeiligen Sorten lag im Mittel der Standorte deutlich über dem vom Handel gewünschten 64,0 kg/hl (reduzierte Variante: 67,4 kg/hl; optimierte Variante: 68,2 kg/hl). Ähnliche Ergebnisse konnten zur Ernte 2022 festgestellt werden. Je nach Standort variierten die Mittelwerte aller Sorten: das höchste Hektolitergewicht wurde in Friedberg festgestellt (red.: 71,2 kg/hl / opt.: 72,3 kg/hl), gefolgt von Marburg (red.: 68,1 kg/hl / opt.: 68,3 kg/hl) und Bad Hersfeld (red.: 65,5 kg/hl / opt.: 68,0 kg/hl). In Korbach lag das Hektolitergewicht deutlich am niedrigsten (red.:64,5 kg/hl / opt.: 64,2 kg/hl). Hier erreichten nicht alle Sorten die 64 kg/hl-Marke. Im Mittel aller Standorte konnte in 2023 die Neuzulassung Integral gefolgt von der Hybridsorte SY Dakoota und Julia die höchsten Hektolitergewichte erzielen.

Auch bei den zweizeiligen Sorten fielen die Hektolitergewichte auf ähnlichen Niveau zum Vorjahr aus. Sehr erfreuliche Ergebnisse wurden in Friedberg (red.: 72,7 kg/hl / opt: 73,5 kg/hl) und Bad Hersfeld (red.: 70,7 kg/hl / opt: 71,2 kg/hl) festgestellt. Teilweise wurden Einzelergebnisse von 76,2 kg/hl erfasst. In Griesheim erreichen mitunter nicht alle Sorten die 64 kg/hl-Marke. Bestes Ergebnis konnte für KWS Tardis festgestellt werden, gefolgt von Goldmarie und Arthene.

Eine deutliche Variabilität zeigten die Sorten in der Tausendkornmasse (TKM). Während bei den mehrzeiligen Sorten in Korbach im Mittel in der optimierten Variante lediglich 40,4 g erreicht wurde, fielen die Körner in Friedberg 10 g schwerer aus. Die Spannweite reichte von 40 g bis 48,8 g im Mittel aller Standorte. Eine der niedrigsten TKM über alle Standorte zeigte die ertragsstarke KWS Morris, was Rückschlüsse auf die Ertragsbildung über die Bestandesdichte ziehen lässt. Klassischerweise sind die Körner der zweizeiligen Sorten von einer höheren TKM geprägt. Die Spannweite lag hier zwischen 46,1 g und 56,7 g. Während in der optimierten Variante in Griesheim nur ein TKM von 44,0 g erzielt wurde, lag der Mittelwert der Sorten mit 57,9 g deutlich höher. Das höchste TKM zeigte die ertragsstarke Sorte Arthene.

Auch wenn es Unterschiede zwischen den Sorten und den Standorten gibt, insgesamt ergeben die Qualitätsergebnisse hohe Marktwertanteile (Anteil Körner >2,2 mm) – wenngleich nicht das hohe Niveau von 99,1 % (mehrzeilig in 2022) und 98,1 % (zweizeilig in 2022) gehalten werden kann. Auffällig ist im zweizeiligen Sortiment das mit 90,7 % deutlich niedrigere Marktwarenanteil aus Griesheim im Vergleich zu den restlichen Versuchsstandorten. Während mit den Sorten des mehrzeiligen Sortiments in 2023 ein geringerer Marktwarenertrag als im Vorjahr erzielt wurde, konnten die zweizeiligen Sorten ein besseres Ergebnis als im Vorjahr zeigen. Teilweise konnten hier Sorten im Mittel der Standorte Ergebnisse > 100 dt/ha erzielen.

Empfehlung zu mehrzeiligen Sorten

Auf Basis der mehrjährig mit den Sorten gemachten Erfahrungen werden für die Aussaat 2023 die mehrzeiligen Sorten Esprit, KWS Orbit, KWS Morris, Teuto und SY Galileoo empfohlen. Sind Sorten erst zweijährig geprüft, zeigen sich aber bereits vielversprechend, können diese dem Probeanbau dienen. Als geeignete Sorten für einen ersten Probeanbau erzielen Avantasia, Julia und SU Hetti entsprechende Ergebnisse. Als BaYMV-Typ 2 resistente Sorte kann SU Midnight empfohlen werden. KWS Exquis kann als GVV tolerante Sorte für den Probeanbau empfohlen werden.

Die Sorte Esprit (DSV, Zulassung 2020) präsentierte sich in den vergangenen drei Prüfjahren im Mittel aller Standorte durchweg stabil überdurchschnittlich in der Kornertragsleistung. Auch überregional bestätigt Esprit ihre sehr hohen Kornertragsleistungen. Gleichzeitig liefert sie dabei gute Marktwarenanteile. In Kombination mit dem Kornertrag, ergibt sich so eine der besten Marktwarenerträge im LSV 2023. Das Hektolitergewicht fiel in 2023 im Vergleich zu anderen Sorten etwas geringer unterdurchschnittlich aus. In der Abreife ist sie mittel bis spät. Bei einer längeren Pflanzenlänge zeigt sie eine mittlere Standfestigkeit sowie Neigung zu Halm- und Ährenknicken. Diese sollte bei der Sorte im Blick behalten werden. Die Blattgesundheit liegt im Mittelfeld. Schwächen zeigt sie in der höheren Zwergrostanfälligkeit. Mit 1885 ha angemeldeter Vermehrungsfläche ist Esprit nach wie vor eine der vermehrungsstärksten Sorten in Deutschland.

KWS Orbit (KWS, Zulassung 2018) ist eine bereits mehrere Jahre gut etabliert. Im Vergleich zu den neueren Sorten schneidet sie im Kornertrag mittlerweile leicht unterdurchschnittlich ab. Daher erhält sie in 2023 eine auslaufende Empfehlung für Hessen. Gerade unter reduzierter Behandlungsintensität zeigt die Sorte Ertragsschwächen auf. Ihre Abreife liegt im mittleren Bereich, gleiches gilt für die Standfestigkeit. Die Sorte zeigt erhöhte Abfälligkeiten in der Blattgesundheit, was bei der Kulturführung beachtet werden muss. In 2023 wurden 958 ha zur Vermehrung angemeldet, wobei die Vermehrungsfläche in den vergangenen Jahren rückläufig ist.

KWS Morris (KWS, Zulassung 2021) kann nach drei Prüfjahren in beiden Intensitätsstufen mit überdurchschnittlichen Kornerträgen aufwarten. Leichte Ertragsschwächen zeigte die Sorte lediglich im niederschlagsreichen Jahr 2021. Auch überregional bestätigte die Sorte ihr hohes Ertragsvermögen. Hervorzuheben ist vor allem die hohe Ertragsleistung bei reduzierter Pflanzenschutzbehandlung. Dies lässt auf eine gute gesundheitliche Ausstattung hinweisen, was sich auch in der Sortenbeschreibung wiederfindet. Bei mittlere Pflanzenlänge zeigt KWS Morris zudem eine gute Standfestigkeit. Ihr Reifeverhalten liegt im Mittelfeld. In 2023 sind jedoch nur 47 ha zur Vermehrung angemeldet.

Teuto (Secobra, Zulassung 2020) zeigte mehrjährig solide durchschnittliche Erträge, auch wenn diese vereinzelt knapper ausfielen. Auch die Qualitätseigenschaften pendeln sich im durchschnittlichen Bereich ein. Ähnliches zeigt sie auch überregional. Die Blattgesundheit ist insgesamt als gut zu bewerten mit einem Pluspunkt in Hinblick auf die geringe Anfälligkeit gegenüber Zwergrest. Die Rhynchosporiumanfälligkeit ist jedoch leicht erhöht. Bei längere Wuchshöhe und mittlerer Lagerneigung, muss bei der Sorte die Standfestigkeit im Blick behalten werden. Auch bezüglich Ährenknicken weist die Sorte leichte Defizite auf. Teuto gehört zu den etwas späten Sorten. In 2023 stehen 362 ha Vermehrungsfläche der Sorte in Deutschland zur Verfügung.

SY Galileoo (Syngenta, Zulassung 2018) ist als Hybridsorte fest etabliert und nach wie vor empfehlenswert. Die Sorte präsentiert sich bereits mehrjährig sehr ertragsstabil mit über dem Versuchsmittel liegenden Erträgen. Auch überregional kann die Sorte überzeugen. Gerade unter reduzierten Bedingungen zeigt SY Galileoo überdurchschnittliche Erträge. Vor allem in Hinblick auf reduzierte Behandlungsintensitäten spricht gerade die Ertragskonstanz und die Blattgesundheit für den Anbau. Bei der Wahl von Hybridsaatgut sollte aber immer auch dessen Wirtschaftlichkeit beachtet werden. Aufgrund der höheren Kosten muss der Anbau einer ertragsreichen Hybridsorte nicht zwangsläufig ökonomisch sinnvoll sein. Ihre Abreife ist mittel bis spät. Berücksichtigt werden muss die Strohstabilität durch die höhere Anfälligkeit gegenüber Lager, Ähren- und Halmknicken bei höherer Pflanzenlänge. Die Blattgesundheit ist ausgewogen. Mit 416 ha ist die Vermehrungsfläche in Deutschland allerdings stark rückläufig.

Wird eine resistente Sorte gegenüber Gelbmosaikvirus Typ-2 gesucht, ist die Sorte SU Midnight (Saaten-Union, Zulassung 2021) eine Empfehlung. SU Midnight zeichnet sich als neue Sorte mit genetisch fixierter Resistenz gegen drei Gelbmosaikviren-Stämme aus bei gleichzeitig guter Ertragsleistung. In 2023 zeigte die Sorte leichte Ertragsschwächen, in anderen Versuchsjahren konnte SU Midnight aber mit nicht resistenten Sorten mithalten. Es handelt sich um eine eher langstrohige Sorte, die sich aber trotzdem durch eine geringe Lageranfälligkeit auszeichnet. Sie verfügt zudem über eine gute Resistenz gegenüber Mehltau. Die Anfälligkeit gegenüber anderer Blattkrankheiten liegt im mittleren Bereich. In 2023 zeigte sie in den hessischen LSV v.a. Schwächen gegenüber Rhynchosporium. Aktuell befinden sich in Deutschland 1220 ha in der Vermehrung, womit sie zu den vermehrungsstärksten Sorten gehört.

Vorläufig empfohlene Sorten:

Avantasia (Hauptsaaten, Zulassung 2022) wird durch einen hohen Kornertrag unter reduzierter Behandlungsintensität und einem mit Bestnote bewerteten sehr hohen Kornertrag unter optimierter Behandlungsintensität beschrieben. In den hessischen Landessortenversuchen erreicht sie jedoch nur leicht unterdurchschnittliche Ertragsleistungen in den ersten beiden Prüfjahren. Überregional kann sich die Sorte als eine der ertragsstärksten Sorten beweisen. Markt- und Vollgerstenanteil werden als hoch bis sehr hoch eingestuft, was die Sorte auch in den LSV in Hessen zeigt. Ihre Abreife liegt im mittleren Bereich. Die Lagerneigung ist als mittel eingestuft. Halmknicken kann bei der Sorte ausgeprägter vorkommen. Die gesundheitliche Ausstattung der Sorte liegt eher im Mittelfeld, vor allem auf Zwergrost sollte geachtet werden. Die Sorte ist mit einer Resistenz gegenüber Typ 1 und dem neuen Typ 2 des Gerstengelbmosaikvirus ausgestattet. Im Jahr 2023 wurden 970 ha zur Vermehrung angemeldet.

Julia (DSV, Zulassung 2022) ist eine überaus ertragsstarke Sorte. Unter beiden Behandlungsintensitäten wird der Kornertrag der Sorte mit Bestnote sehr hoch eingestuft. Diese Einstufung bestätigte Julia in den ersten beiden LSV-Jahren mit überdurchschnittlichen Kornerträgen im Mittel der Standorte. Auch in der überregionalen Auswertung zählt die Sorte zu den Spitzenkandidaten. Gleichzeitig verfügt Julia über eine gute Kornqualität mit überdurchschnittlichen Hektolitergewichten und Marktwarenanteilen. Ihre Abreife liegt im mittleren Bereich. Hervorzuheben ist die geringe Lageranfälligkeit. Die Blattgesundheit ist ausgeglichen auf gutem mittleren Niveau. Zudem ist die Sorte mit einer Resistenz gegenüber Typ 1 und dem neueren Typ 2 des Gerstengelbmosaikvirus ausgestattet. In 2023 sind 2231 ha zu Vermehrung angemeldet.

Spielt Gerstengelbverzwergungsvirus eine Rolle, stellt KWS Exquis (KWS, Zulassung 2022) eine Anbauempfehlung dar. Neben einer Resistenz gegenüber Typ 1 des Gerstengelbmosaikvirus und das milde Gerstenmosaikvirus, verfügt KWS Exquis über das Resistenzgen yd2 für die Resistenz gegen das Gerstengelbverzwergungsvirus. Dabei sind die Kornerträge und Qualitäten als hoch bis sehr hoch eingestuft. Nach zwei Prüfjahren können für die Sorte im Vergleich zwar nur unterdurchschnittliche Kornerträge festgestellt werden, bei Befallslage können durch die Resistenz jedoch Erträge abgesichert werden. Daneben verfügt KWS Exquis über gute Kornqualitäten. Ihre Abreife liegt im mittleren Bereich, gleiches gilt für die Halmstabilität und die Blattgesundheit. Hervorzuheben ist die geringe Anfälligkeit gegenüber Zwergrost. In 2023 wurden 271 ha zur Vermehrung angemeldet.

SU Hetti (Saaten-Union, Zulassung 2022) wird mit einem hohen bis sehr hohen Kornertrag bei sehr hoher Qualität (Markt- und Vollgerstenanteil) eingestuft. In den ersten beiden Prüfjahren in Hessen konnte die Sorte durchschnittliche Ertragsleistung zeigen. Die guten Qualitätseigenschaften konnte die Sorte bestätigen. Die Abreife von SU Hetti liegt im mittleren Bereich. Hervorzuheben ist ihre sehr gute Standfestigkeit, geringe Anfälligkeit gegenüber Halmknicken sowie gute Eigenschaften bezüglich Ährenknicken. Die Blattgesundheit liegt insgesamt im mittleren Bereich mit Schwächen bezüglich Zwergrost. Zusätzlich besitzt SU Hetti eine Resistenz gegenüber Typ 1 und dem neueren Typ 2 des Gerstengelbmosaikvirus sowie dem milden Gerstenmosaikvirus. In 2023 wurden 209 ha zur Vermehrung angemeldet.

Empfehlung zu zweizeiligen Sorten

Bei den zweizeiligen Sorten erhalten Almut, Arthene, Bianca und Bordeaux eine Hauptanbauempfehlung für die Herbstaussaat 2023. KWS Tardis erzielte in den ersten beiden LSV-Jahren vielversprechende Ergebnisse, sodass diese Sorte für einen Probeanbau zu empfehlen ist. Zweizeilige Sorten mit gewissen Resistenzeigenschaften sind aktuell nicht in der LSV Prüfung.

Almut (IG Pflanzenzucht, Zulassung 2021) konnte in Hessen vor allem durch die sehr guten Ertragsleistungen bei reduziertem Pflanzenschutz überzeugen. Dies weist auf eine grundsätzlich gute gesundheitliche Ausstattung der Sorte hin. Sie verfügt über eine geringe Anfälligkeit gegenüber Mehltau und Rhynchosporium. Leichte Defizite sind lediglich für Ramularia festzustellen. Weitere Vorteile der Sorte liegen in ihrer geringen Lageranfälligkeit und guter Halmstabilität. Almut gehört zu den früheren Sorten. Durch eine hohe TKM geprägt, erzielte die Sorte bisher gute Qualitäten in den Landessortenversuchen. Zur Vermehrung sind aktuell 366 ha gemeldet.

Arthene (IG Pflanzenzucht, Zulassung 2021) kann mehrjährig in Hessen mit hohen Kornerträgen punkten. Gerade unter reduziertem Pflanzenschutz überzeugt die Sorte mit überdurchschnittlicher Ertragsstabilität. Überregional liegt die Sorte im Mittelfeld. Arthene reift etwas später ab. Sie gehört zu den etwas kürzeren Typen und weist eine geringe Lageranfälligkeit sowie eine hohe Halmstabilität auf. Auch die Neigung zum Ährenknicken ist geringer. Hinzu kommen eine gute Resistenz gegenüber Rhynchosporium und ein insgesamt gutes Gesundheitsprofil mit Ausnahme der Anfälligkeit gegenüber Mehltau. Im hessischen LSV 2023 zeigte die Sorte beste Qualitätsergebnisse, sowohl im Hektolitergewicht als auch beim Marktwarenanteil und -ertrag. Aktuell sind 386 ha zur Vermehrung in Deutschland angemeldet.

Bianca (SZ Streng / IG Pflanzenzucht, Zulassung 2020) ist eine bereits etwas länger in den LSV geprüfte Sorte. Im Vergleich zu den neueren Sorten, kann Bianca nur mit leicht unterdurchschnittlichen Ertragsleistungen mithalten. Diese sind aber über die Jahre hinweg konstant, was für eine gewisse Ertragsstabilität spricht. Überregional zeichnet sie sich ebenfalls mit leichten Ertragsdefiziten ab. Daher ist die Empfehlung der Sorte als auslaufend zu betrachten. Bianca ist eine später abreifende Sorte mit guter Standfestigkeit und Strohstabilität. Bei der Blattgesundheit liegt die Sorte im guten Mittelfeld. Die Vermehrungsfläche ist mit 93 ha in 2023 rückläufig.

Bordeaux (Ackermann SZ / Saaten-Union, Zulassung 2020) bewies sich in den ersten drei Prüfjahren überaus ertragsstabil. In 2023 schnitt die Sorte jedoch leicht unterdurchschnittlich ab, gerade bei reduzierten Behandlungsintensitäten. Dennoch gehört sie auch überregional zu den ertragsstärkeren Sorten und überzeugt durch sehr gute Qualitätseigenschaften mit höchsten Marktwarenerträgen. Bordeaux zeigt eine mittlere Abreife. Sie verfügt über eine geringere Neigung zum Lager und Ährenknicken in Kombination mit einer niedrigen Wuchshöhe. Bei den Blattkrankheiten erweist sie sich ausgeglichen. Zudem ist sie mit einer Fläche von 1111 ha aktuell eine der vermehrungsstärksten Sorten in Deutschland.

Vorläufig empfohlene Sorten:

KWS Tardis (KWS Lochow, Zulassung 2022) wird zwar nur mit hohen bis sehr hohen Kornerträgen beschrieben, zeigte aber in den hessischen LSV deutlich bessere Ergebnisse. Sowohl unter reduzierter, als auch optimierter Pflanzenschutzintensität kann die Sorte überdurchschnittliche Ergebnisse erzielen. Gleiches erzielt KWS Tardis auch überregional und stellt die höchsten Erträge. In den hessischen LSV konnten hohe Hektolitergewichte festgestellt werden. Bei entsprechenden Marktwarenanteile erzielte die Sorte dadurch insgesamt in 2023 den besten Marktwarenertrag. Ährenschieben und Abreife liegen im mittleren Bereich. Bei etwas kürzerer Pflanzenlänge verfügt die Sorte über eine gute Standfestigkeit und gute Eigenschaften hinsichtlich Halm- und Ährenknicken. Die Blattgesundheit ist hingegen etwas schwächer, gerade gegenüber Mehltau. In Bezug auf Rhynchosporium ist sie vergleichsweise weniger anfällig eingestuft. Zur Vermehrung wurden in 2023 462 ha angemeldet.

Weitere Versuchsergebnisse und Informationen finden sie auf der LLH-Homepage unter: https://llh.hessen.de/pflanze/marktfruchtbau/


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