Landessortenversuche
Winterrapsanbau 2021: Sortenwahl zur Rapsaussaat
Nach dem Anbautiefpunkt der vergangenen Jahre hat der Rapsanbau wieder mehr Anklang gefunden. Auch wenn der Anbauumfang noch nicht auf dem Niveau vor Einbruch im Erntejahr 2019 ist, nimmt der Rapsanbau wieder merklich zu. Grund hierfür ist sicherlich die erfreuliche Entwicklung der Erzeugerpreise.
Nach Einschätzung der Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e. V. (UFOP) wird dieser Zustand auch im künftigen Anbaujahr bestehen bleiben, sodass die Wirtschaftlichkeit des Rapsanbaus gegeben sein sollte. Aber auch aus pflanzenbaulicher Sicht stellt Winterraps einen wertvollen Bestandteil der Fruchtfolgegestaltung dar, insbesondere aufgrund des positiven Vorfruchtwerts.
Entgegen der ungünstigen Aussaatbedingungen der Vorjahre waren die Bedingungen zur Aussaat 2020 besser. Vielerorts konnte die Aussaat termingerecht erfolgen, sodass sich die Bestände gut über den Winter entwickeln konnten. Dies zeigt wie wichtig nach wie vor ein passgenauer Aussaattermin ist. Dennoch stand der Raps auch in diesem Jahr vor diversen Herausforderungen. Bereits im März kam es zu einem raschen Temperaturanstieg und damit zu einem Entwicklungsschub der Bestände. Der darauffolgende kühle Witterungsverlauf führte insgesamt zu einer geringeren Aktivität der Rapsschädlinge, sodass der Schädlingsbefall mit Stängelrüsslern oder Rapsglanzkäfern auf einem niedrigen Niveau verlief. Wechselhafte Temperaturen im April, welche zum Teil auch mit Nachtfrösten verbunden waren, hatten jedoch in einigen Beständen frostbedingten Schäden zur Folge. Auch der Befall mit Rapsstängelrüssler war nicht komplett auszuschließen. Zwar war der feuchte Witterungsverlauf positiv für die phänologische Entwicklung der Pflanzen, jedoch erhöhte sich damit auch das Infektionsrisiko für Sklerotinia stark. Letztlich sind nun die Entwicklungen zur Abreife für das Endresultat abzuwarten. Diese Bedingungen zeigen aber nunmehr, dass bei der Sortenwahl weiterhin auf robuste und langjährig ertragssichere Sorten gesetzt werden sollte.
Neben der positiven Preisentwicklung, geht auch die züchterische Entwicklung neuer Rapssorten stark in der Entwicklung voran. Das Sortenportfolio hat sich in den vergangen beiden Jahren durch umfangreiche Neuzulassungen durch das Bundessortenamt erweitert, sodass auch die Sortenwahl viele Optionen bereithält. Gerade das Ertragspotential der neuen Sorten ist hoch. Gleichzeitig verfügt aktuell mehr als die Hälfte der Prüfsorten im Landessortenversuch Winterraps über genetisch fixierte Resistenzen. Im Vergleich zum Hauptsortiment, haben vor allem Sorten mit einer Kohlhernie-Resistenz bislang ertraglich noch nicht den Anschluss gefunden, jedoch konnte eine neuere Sorte im ersten Versuchsjahr dementgegen mit leicht überdurchschnittlichen Erträgen überzeugen. Dies macht den Züchtungsfortschritt im Winterrapssegment beispielhaft deutlich.
Sortenwahl: Worauf kommt es beim Winterraps an?
In den Landessortenversuchen (LSV) wird dieser Züchtungsfortschritt in neutral durchgeführten Exaktversuchen unter regionalen Anbaubedingungen ermittelt. Die Ergebnisse daraus dienen als Basis für eine unabhängige Sortenberatung. Neben den Ertragseigenschaften ( Tabelle 1) als wichtiges Entscheidungskriterium zur Sortenwahl, werden hierbei alle relevanten Merkmale im Vegetationsverlauf (beispielsweise Entwicklung vor Winter, Abreifeverhalten von Korn und Stroh) sowie die Anfälligkeit gegenüber Krankheiten und Schädlingen erfasst. Auf diese Weise können Rückschlüsse für die Anbaueigenschaften der jeweiligen Sorten gezogen werden.
Vor allem der Aussaattermin (und damit ggf. auch eine Spätsaateignung der Sorten) und die Saatbettbereitung sind für die Erträge der nächsten Ernte von Bedeutung. Entscheidend für den Etablierungserfolg der Feinsämerei ist ein gut abgesetztes, feinkrümeliges Saatbett. Der Aufbau von Biomasse vor Eintritt in den Winter bestimmt dabei maßgeblich das Entwicklungspotenzial der Pflanzen im Frühjahr. Auch das Regenerationsvermögen nach dem Winter ist abhängig vom ausgebildeten Blattapparat (anzustreben sind 8-10 Blätter) und der Durchwurzelung (über 20 cm). Es kommt jedoch auf eine gute Terminierung an. Fällt der Aussaattermin spät, muss eine ausreichend zügige Entwicklung vor Winter durch die Sorte gegeben sein. Wiederrum führt eine zu starke Entwicklung zu einem erhöhten Auswinterungsrisiko. Gleichzeitig erhöht sich bei zu früher Saat das Risiko des Krankheits- (Phoma, Kohlhernie) und Schädlingsbefall (Läuse, Rapserdfloh, Kohlfliege), wenngleich eine zügige Jugendentwicklung die Toleranz erhöhen kann.
Auch sollte bei der Rapssortenwahl der Ölgehalt berücksichtigt werden, denn dieser spielt eine wesentliche Rolle bei der Vermarktung. Ziel ist dabei einen Ölgehalt von mind. 40 % zu erreichen, was alle Sorten im Erntejahr 2020 mit einem Mittel von knapp 44 % erzielten ( Tabelle 2). Ölgehalte über 40% führen zu einem Preisaufschlag, während Gehalte darunter mit einem Preisabschlag versehen werden. Das entscheidende Vermarktungskriterium ist dann letztendlich die bereinigte Marktleistung (BML). Die BML berücksichtigt die Leistung aus Kornertrag und Ölgehalt abzüglich der Saatgutkosten. Hybridsaatgut verursacht an dieser Stelle zwar Mehrkosten, jedoch haben diese Sorten wesentliche Vorteile hinsichtlich ihrer Leistung und Vitalität. Auf diese Weise können auch diejenigen Sorten einen Vorteil haben, welche zwar einen geringeren Ertrag bei jedoch überdurchschnittlichem Ölgehalt aufweisen. Auch Hochertragssorten mit einem unterdurchschnittlichen Ölgehalt können somit entsprechend bewertet werden und gute Leistungen erzielen ( Tabelle 3).
Generell sollte bei der der Sortenwahl auf den Anbau mehrerer Sorten mit unterschiedlichen Eigenschaften gesetzt werden. Dies bringt nicht nur eine Risikominderung im Anbau mit sich, sondern auch eine gewisse Flexibilität im Aussaattermin und Erntezeitfenster, was sich wiederrum arbeitswirtschaftlich auswirkt. Die Ertragssicherheit ist schlussendlich ein Zusammenspiel der Sorteneigenschaften ( Tabelle 4) wie Standfestigkeit, Mähdruscheignung, Schotenplatzfestigkeit, Krankheitsanfälligkeit oder Winterhärte. Weiterhin tragen auch die genetisch fixierten Resistenzen zusätzlich zur Ertragssicherheit bei.
Umfassendes Prüfsortiment in den Landessortenversuchen für eine standortangepasste Sortenwahl
Um die Klima- und Bodenbedingungen der Hauptanbauregionen der hessischen Rapsproduktion abbilden zu können, wird der LSV Winterraps an vier Standorten in Hessen durchgeführt. Hierbei wird die Leistungsfähigkeit neu zugelassener Sorten anhand der Leistung etablierter Sorten auf ihre Eignung bei reduzierten und optimierten Bedingungen in der Pflanzenschutzbehandlung untersucht. Das aktuelle Sortiment umfasst 23 Hybridsorten. Liniensorten finden sich derzeit nicht in der Prüfung. Abschließende Anbauempfehlungen können erst nach dreijähriger Prüfung unter den hessischen Anbaubedingungen gegeben werden. Die ist wichtig, um den Einfluss verschiedener Jahres- und Standortbedingungen abbilden zu können. Eine endgültige Empfehlung erfolgt erst dann, wenn eine Sorte konstant gute Leistung über alle Standorte erbracht hat. Auf diese Weise bieten die Untersuchungen umfangreiche Informationen zu den neuesten Sorten. Aufgrund der noch ausstehenden Ernte 2021, basieren die Empfehlungen zur Sortenwahl für das Anbaujahr 2020/21 auf Basis der Erntergebnisse der vergangenen drei Jahren.
Nach Abschluss des vergangenen Versuchsjahrs erhielten folgende fünf Sorten eine Empfehlung für den hessischen Anbau. Mehrjährig erzielten in beiden Intensitätsstufen die Sorten Architect, DK Exception, DK Expansion und Puzzle die ertragsstärksten Ergebnisse, auch wenn Architect einzeljährig in 2020 schwächere Ergebnisse erzielte. Trezzor liegt insgesamt im durchschnittlichen Bereich, zeigte jedoch nur wenige Schwankungen in den letzten drei trockenen Jahren. Das allgemeine Ertragspotential in 2020 war dabei höher als in den vergangenen Jahren ( Tabelle 1), gerade der Standort Friedberg erzielte Spitzenerträge im Mittel der Intensitätsstufen von rund 65 dt/ha. Aber auch Qualität und Marktleistung lagen auf einem insgesamt höheren Niveau.
Die Sorte Architect (Limagrain, Zulassung 2017) erzielte in den ersten beiden Prüfjahren eine deutlich über dem Durchschnitt liegende Ertragsleistung. Durch den hohen Ölgehalt wurden auch Marktleistungen im oberen Bereich erzielt. Sie konnte zwar im Jahr 2020 nicht an die überdurchschnittlichen Leistungen der Vorjahre anknüpfen, das Ergebnis lag aber im Mittel der drei Jahre noch immer über dem Durchschnitt. Trotz ihrer hohen Pflanzenlänge liegt die Standfestigkeit in einem guten Bereich. Aufgrund der zügigen Herbstentwicklung eignet sie sich für spätere Saattermine und verfügt über eine genetisch fixierte Resistenz gegen das Wasserrübenvergilbungsvirus (TuYV).
Seit 2017 in den hessischen LSVs, zeigte sich ebenfalls stark im Kornertrag die Sorte DK Exception (Bayer/Dekalb, Zulassung 2014) über beide Intensitätsstufen. Trotz geringerer Ölgehalte konnten aufgrund des stabilen, überdurchschnittlichen Ertragsniveaus auch Marktleistungen im oberen Bereich erzielt werden. Bei mittlerer bis etwas längere Wuchshöhe zeichnet sich die Sorte mit einer ausreichenden Standfestigkeit aus. In der Abreife zählt sie zum mittleren Reifesegment und verfügt über eine harmonischer Strohabreife. Zusätzlich ist sie mit einer Rlm7-Phomaresistenz ausgestattet.
Ebenfalls konnte die Sorte mit europäischer Zulassung DK Expansion (Bayer/Dekalb, Zulassung 2015) nach drei Prüfjahren auch im hessischen Anbau leicht überdurchschnittliche Erträgen erzielen. Ihre Ölgehalte waren im letzten Versuchsjahr leicht unterdurchschnittlich, die bereinigte Marktleistung lag dennoch durch das gute Ertragsniveau oberhalb des Mittels. Ihr Blühbeginn ist früh bis mittel und auch diese Sorte gehört zum mittleren Reifesegment bei eher geringerer Reifeverzögerung des Strohs.
Auch Trezzor (RAGT, Zulassung 2014) entstammt der Zulassung eines anderen EU-Landes und zeigte sich in Hessen über den mehrjährigen Versuchszeitraum mit stets stabilen und durchschnittlichen Erträgen in beiden Intensitätsstufen. Auch der Ölgehalt sowie der Gehalt an Glucosinolaten lag bislang im guten Mittelfeld. Die Sorte bildet etwas längere, aber gleichzeitig standfeste Pflanzen aus und reift in Stroh und Korn gleichmäßig ab. Durch die Eignung für spätere Saattermine ermöglicht Trezzor ein breiteres Aussaatfenster.
Puzzle (NPZ/Rapool, Zulassung 2017) konnte in drei Prüfjahren durchschnittliche bis überdurchschnittliche Erträge liefern, wobei der Ölgehalt nur mittleres Niveau erreichte. Ihre Marktleistung in 2020 lag dennoch oberhalb des Durchschnitts. Ihre agronomischen Eigenschaften umfassen einen etwas kürzeren Wuchs, gute Standfestigkeit, frühe Blüte, mittelfrühe Abreife und geringere Reifeverzögerung des Strohs. Puzzle ist geeignet für spätere Saattermine.
Nach zweijähriger Prüfung für den Probeanbau empfehlenswert
Zeigen Sorten nach zwei Prüfjahren vielversprechende Leistungen, können diese bereits zum Probeanbau empfohlen werden. Dies war in 2020 bei den Sorten Ludger und Smaragd der Fall. Beide Sorten erzielten in den ersten beiden Versuchsjahren überdurchschnittliche Ertragsergebnisse, was für bereinigte Marktleistungen im oberen Bereich führte ( Tabelle 1; Tabelle 3). Die Blüte ist früh mit mittlerer Reife, die Standfestigkeit beider Sorten gut. Lediglich Ludger ist etwas höher in der Wuchshöhe sowie zügiger in der Strohabreife beschrieben ( Tabelle 4). Beide Sorten besitzen eine Resistenz gegenüber dem Wasserrübenvergilbungsvirus (TuYV). Das abschließende Ergebnis dieser Sorten zur hessischen Anbaueignung über drei Prüfjahre wird nach Abschluss der Ernte 2021 zu beurteilen sein.
Einjährig geprüfte Sorten zeigen überdurchschnittliches Leistungsniveau
Aufgrund der überdurchschnittlichen Leistung, werden sechs von sieben erstmalig in 2020 geprüften Sorten diesjährig zum zweiten Mal geprüft. Dieses Potential spiegelt sich auch in der Beschreibung durch das Bundessortenamt wieder: alle Sorten werden im Korn- und Ölertrag als mindestens mit hoch bis hin zu der Bestnote 9 mit sehr hoch eingestuft ( Tabelle 4). In 2020 fiel die Sorte Ambassador mit überdurchschnittlichen Erträgen in allen Intensitätsstufen auf. Neben Ernesto KWS und Heiner zählt sie zu dem ertragsstarken langstrohigen Segment, eine etwas kürzere Wuchshöhe zeigt Ivo KWS. In der reduzierten Variante ertraglich leicht unterdurchschnittlich zeigte sich Armani, jedoch erwies sich die TuYV-resistente Sorte in der optimierten Variante überdurchschnittlich. Neben Armani verfügen auch Ambassador und Heiner über eine TuYV-Resistenz. Die züchterische Neuentwicklung Croozer verfügt über eine Kohlhernieresistenz und zeigt sich dabei im ersten Jahr ertragsstark mit guten Marktleistungsergebnissen. Kohlhernieresistente Sorten sollten jedoch weiterhin nur auf Befallsflächen zum Einsatz kommen bei gleichzeitig einschränkenden Maßnahmen, damit die Resistenz nicht vorzeitig durchbrochen wird.
Ausblick zur Ernte 2021: großer Anteil Sortiments erstmalig geprüft
Die Beschreibung der Neuzulassungen im Sortiment können einen guten Überblick der züchterischen Entwicklung geben und lassen auch hier vielversprechende Ergebnisse erwarten. Durch das Bundessortenamt wurden in 2019 die Sorten Aganos (Syngenta) und Pandora (RAGT/NPZ) zugelassen, beide Sorten versprechen hohe Ertragsleistungen und besitzen die genetische fixierte TuYV-Resistenz. Aus der Zulassung 2020 des Bundessortenamtes gehen die Sorten Daktari (DSV) und LG Activus (Limagrain) hervor, beide Sorten mit TuYV-Resistenz. Sie versprechen ein sehr hohes Ertragsniveau durch die Einstufung des Korn- und Ölertrags mit Höchstnote 9 durch das Bundesortenamt. Eine Besonderheit stellt LG Alledor (Limagrain) dar: sie verfügt sowohl über eine TuYV-Resistenz als auch gleichzeitig über eine rassenspezifische Resistenz gegen Kohlhernie. Aus dem Prüfsortiment der EU-Sortenversuche des zweiten Prüfjahrs wurden die Hybridsorten Allessandro KWS (KWS Saat, F 2018), Cadran (NPZ/RAGT, F 2018), Otello KWS (KWS Saat, DK 2020) und SY Matteo (Syngenta, F 2018) in den hessischen Landessortenversuch 2020/21 aufgenommen. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese und alle anderen Sorten im hessischen Anbau unter Beweis stellen.
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