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Sortenspezifische Marktleistung unter Aspekten des reduzierten Pflanzenschutzeinsatzes bei Winterweizen und Wintergerste
Um eine nachhaltige und umweltfreundliche Landwirtschaft zu gestalten, soll gemäß dem hessischen Pestizid-Reduktionsplan die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (PSM) bis 2030 um 30 % reduziert werden.
Auch betriebswirtschaftlich gesehen kann eine PSM-Reduktion sinnvoll sein, denn jede Pflanzenschutzmaßnahme ist mit Kosten verbunden. Die Wahl einer angepassten Sorte verursacht wiederrum keine derartigen Mehrkosten. Die Züchtung bringt jährlich neue Sorten mit spezifischen Sorteneigenschaften auf den Markt, welche Unterschiede in agronomischen Parametern und gesundheitlicher Ausstattung vorweisen. Entsprechend weisen Sorten ein unterschiedliches Potential auf, unter dem Einfluss spezifischer Jahreswitterungen ihr Leistungspotenzial auszuschöpfen.
Auf Basis der vom LLH durchgeführten Landessortenversuche können Sorten identifiziert werden, welche aufgrund ihrer Eigenschaften bei reduziertem Pflanzenschutzeinsatz hohe Marktleistungen (ML) erzielen können. Im vorliegenden Beitrag wird dies beispielhaft für Winterweizen und Wintergerste dargestellt.
Versuchsaufbau
Grundlage für die Auswertung sind die Ertragsdaten der Landessortenversuche (LSV) Winterweizen und Wintergerste (mehr- und zweizeilig) 2020, 2021 und 2022 der LLH Versuchsstandorte Korbach, Bad Hersfeld und Griesheim. Die zweifaktorielle Versuchsanlage der LSV (Faktor 1: Sorte, Faktor 2: Behandlungsintensität Pflanzenschutz) ermöglicht es, für jede Sorte eine Ertragsleistung bei reduziertem Pflanzenschutz (kein Fungizid, max. 50 % Wachstumsregler [WTR]) und standortoptimiertem Pflanzenschutz in Abhängigkeit der Jahresbedingungen zu quantifizieren. Die Ermittlung der sortenspezifischen Marktleistung (ML) erfolgte auf Basis der jahresdurchschnittlichen Erlöse (Datengrundlage: LLH Marktinfo) abzüglich der jeweiligen Kosten für Wachstumsregler und Fungizide inklusive fixer Ausbringungskosten je Überfahrt (nicht dargestellt).
Ergebnisse und Diskussion
Winterweizen
Im Durchschnitt erzielten die Winterweizensorten eine ML von 1493 €/ha (2020), 1522 €/ha (2021) und 2827 €/ha (2022). Die Kosten für den erforderlichen Pflanzenschutz variierten zwischen 157€ (2021) und 228 € (2020). In den Abb. 1 und 2 sind exemplarisch die im Mittel über die Standorte erzielten ML je Sorte dargestellt. Überdurchschnittliche ML wurden in 2021 überwiegend durch Sorten unter reduziertem PSM-Einsatz erzielt. Dies war vor allem auf den witterungsbedingt geringen Krankheits- und Schädlingsdruck zurückzuführen. Im Jahr 2022 stellte sich die Situation anders dar, indem vor allem der Einfluss der Sorte und weniger die Behandlungsintensität die Höhe der ML bestimmte. Eine Mischung aus beiden Ursachen war in 2020 festzustellen (nicht dargestellt), jedoch konnte der überwiegende Anteil überdurchschnittlicher ML auf die reduziert geführten Varianten zurückgeführt werden.
Wintergerste
Die durchschnittlichen ML der zweizeiligen Wintergersten betrugen 1143 €/ha (2020), 1497 €/ha (2021) und 2181 €/ha (2022). Die ML der mehrzeiligen Sorten betrugen im Durchschnitt 1032 €/ha (2020), 1357 €/ha (2021) und 2516 €/ha (2022). Die Mehrkosten für den Pflanzenschutz variierten zwischen 140 €/ha (2022) und 172 €/ha (2020) bei den zweizeiligen Sorten, bei den mehrzeiligen zwischen 116 €/ha (2021) und 188 €/ha (2020). Auffällig in 2020 war der höhere Anteil der reduziert geführten Varianten an den überdurchschnittlichen ML bei den zweizeiligen Sorten im Vergleich zu den mehrzeiligen. Grund hierfür war das Ausbleiben des Mehrertrags durch Behandlung bei den zweizeiligen Sorten. In 2021 und in 2022 lag der Anteil der reduziert geführten Varianten sowohl bei zweizeiligen- als auch mehrzeiligen Sorten vermehrt im unterdurchschnittlichen Bereich.
Fazit
Hohe Marktleistungen können auch bei einem reduzierten PSM-Einsatz erzielt werden. Gerade in Jahren mit geringem Krankheits- und Schädlingsdruck bzw. geringen Marktpreisen ist eine hohe Pflanzenschutzintensität oft nicht wirtschaftlich. Die Wahl einer an den Standort angepassten Sorte stellt daher einen grundlegenden Baustein zur Erzielung hoher Leistungen bei gleichzeitiger Reduktion des PSM-Einsatzes dar. Die Landessortenversuche bieten eine neutrale und unabhängige Datengrundlage für die Sortenwahl der landwirtschaftlichen Praxis.