Bauen & Sanieren
Mit Stroh umweltbewusst bauen!?
StrohBallenBauTage und Strohbaumobil informieren über Möglichkeiten
„Das Bauen mit herkömmlichen Materialien wie Zement, Stahl und Ziegel ist nicht nur rohstoff- sondern auch energieintensiv. Rund 40 % der Treibhausgasemissionen sind der Errichtung und Nutzung von Hochbauten1 zuzuschreiben. Neben dem sinnvollen Erhalt und der energetischen Sanierung von Gebäuden sollten mehr nachwachsende Rohstoffe beim Bau zum Einsatz kommen“, unterstreicht Eva Riks vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH).
Während der Holzbau und die Sanierung mit Naturfaserdämmstoffen an Popularität gewinnen, ist der Strohbau in Deutschland noch wenig verbreitet. Dabei wächst Stroh jährlich nach und es bleibt, neben der Nutzung zur Bodenverbesserung oder als Einstreu, in vielen Regionen jährlich genug Stroh übrig, um Gebäude zu errichten.
„Wir müssen Landwirte, Handwerker und Bauherren an einen Tisch bekommen und die Öffentlichkeit stärker über die Möglichkeiten informieren“, sagt die Expertin für nachhaltiges Bauen und Sanieren und verweist auf die am 13. und 14. September in Bayreuth stattfindenden StrohBallenBauTage und auf das Strohbaumobil, das der LLH in 2020 mit Mitteln des Integrierten Klimaschutzplans (IKSP) Hessen auf einem PKW-Anhänger hat errichten lassen. Mit dem Gebäude im Tiny-House-Format informiert das LLH-Team „Biorohstoffnutzung“ Fachleute der Baubranche aber auch interessierte Laien herstellerneutral über die Potentiale des Strohbaus.
Der Strohballenbau im Holzständerwerk ist bauaufsichtlich zugelassen, auch die Brandschutzanforderungen (F 30B bis F 90B) sind geklärt. Daher können Mehrfamilienhäuser, Kitas, Schulen und andere öffentliche Gebäude ebenso in Strohbauweise realisiert werden. Zudem hat der Fachverband Strohballenbau (FASBA) e.V. eine Strohbaurichtlinie veröffentlicht, in der die Erfahrungen und das Wissen der Strohbauakteure in Deutschland zusammengefasst sind.
Rund 120 m³ zu Ballen gepresstes Stroh und 40 m³ Holz werden bei einer Wohnfläche von 100 m² verbaut. Selber anpacken muss nicht sein, denn ein Strohbau kann wie ein Fertighaus nach eigenen Wünschen schlüsselfertig bestellt werden. Dazu fertigt ein Zimmereibetrieb die Fertigbauteile mit der Strohballenfüllung vor und transportiert sie zur Baustelle. Auf beiden Seiten ist das Stroh sichtbar und direkt verputzbar, z.B. mit Lehm. Außen kann sowohl ein mineralischer Putz als auch eine Holzverkleidung die wetterdichte Fassade bilden. Das Aufstellen eines zweigeschossigen Einfamilienhauses mit Fenstern, Türen und strohgedämmtem Dach erfolgt üblicherweise in einem Tag inkl. Montage der regensicheren Abdeckung.
Die Ökobilanz kann sich sehen lassen: Für den energetischen Herstellungsaufwand eines konventionellen Massivbaus (Ziegelbau mit konventioneller Dämmung und Betondecken) kann man ein gleich großes Strohgebäude errichten und rund 69 Jahre lang betreiben. Erst dann wurde – inklusive Heizen – so viel Energie verbraucht, wie allein der Bau eines konventionellen Hauses benötigt.
„Das Interesse ist am Strohbau da, wie die gut 1.000 Gäste des Strohbaumobils auf den diesjährigen Öko-Feldtagen in Villmar bewiesen haben. Fortbildungsangebote für die Baubranche existieren ebenfalls. Es fehlen schlichtweg Planerinnen und Planer und Handwerkskapazitäten – wie aktuell vielerorts“, so Riks abschließend.
Das Strohbaumobil kann auf Anfrage am LLH Standort Witzenhausen besichtigt werden.
Auf den Öko-Feldtagen ist ein informatives Video am / im LLH Strohbaumobil entstanden. Schauen Sie mal rein!
1Eingerechnet sind die Materialherstellung, Errichtung, Modernisierung, die Nutzung und der Betrieb von Wohn- und Nichtwohngebäuden einschließlich vor- und nachgelagerter Prozesse. Quelle: Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) aus dem Jahr 2020.