Umweltbildung
Interview zur Fortbildung: Landwirtschaft und Klimaschutz
Viele Landwirtinnen und Landwirte bieten ihren landwirtschaftlichen Betrieb als Lernort für Schulklassen und andere Besuchergruppen an. Welche Bedeutung kommt den Höfen als außerschulische Lernorte zu und welche Chancen bieten sich?
Außerschulische Lernorte sind wichtige Bestandteile schulischer Bildung und die Zusammenarbeit von Schulen mit außerschulischen Partnern ist inzwischen in den Bildungsplänen vorgesehen.
Dem Lernort Bauernhof kommt große Bedeutung zu! Es ist beispielsweise ein riesiger Unterschied, zu hören oder lesen, dass Milch von Kühen kommt oder in einem Kuhstall die Kühe hautnah zu erleben und daneben zu stehen, wenn sie in den Melkstand oder zum Melkroboter gehen.
Die beständig abnehmende Zahl der Bauernhöfe und der in der Landwirtschaft Tätigen führt dazu, dass immer weniger Kinder, Jugendliche und Erwachsene Berührungspunkte zur Landwirtschaft haben. Ihre Vorstellungen von der Landwirtschaft rühren von Berichten aus der Presse, digitalen Medien oder manchmal auch Bilderbüchern. Oft ist damit keine große Wertschätzung für die Lebensmittel verbunden und Bilderbuchbauernhöfe entsprechen nicht der Realität. Ein realistischeres Bild über die landwirtschaftliche Arbeit kann am besten unmittelbar auf dem Hof entstehen. Dieser Lernort spricht alle Sinne an, bietet spannende Erlebnisse und Erfahrungen aus erster Hand. Im besten Fall erleben Kinder, Jugendliche und Erwachsene beim praktischen Tun Selbstwirksamkeit, wie zum Beispiel beim Pflanzen, Füttern oder Ernten.
Welche Herausforderungen haben die Landwirtinnen und Landwirte hierbei zu bewältigen? Und welche Fragen stellen sie sich?
Die Landwirtinnen und Landwirte haben eshinsichtlich Altersstruktur und Vorbildung mit unterschiedlichen Gruppen zu tun und es ist eine Herausforderung, dies richtig einzuschätzen. Auch ist es eine Herausforderung, dass das außerschulische Angebot in den Unterricht eingebettet sein soll. Vor- und Nachbereitung sind wichtig für einen gelungenen Projekttag, aber das haben die Landwirtinnen und Landwirte meist nicht in der Hand.
Sie stehen vor der Aufgabe, ein auf ihren Hof zugeschnittenes Konzept zu entwickeln, das sich flexibel an die jeweilige Gruppe anpassen lässt. Die beste Vorbereitung und Planung soll noch Raum bieten, auf individuelle Fragen der Gruppe eingehen zu können.
Auch müssen sie für ihr Bildungsangebot einen attraktiven, kurzen Titel kreieren, da es ja „vermarktet“ werden muss. Gleichzeitig soll dieser Titel aussagekräftig sein und ggf. für unterschiedliche Zielgruppen passen.
Das Bildungsangebot soll Möglichkeiten zum sinnvollen „Selber-Tun“ bieten, was auf einem hoch technisierten Betrieb schwierig ist. Oft geht es darum, Aufgaben zu inszenieren und den Lernort so zu gestalten, dass mit spannenden Aktivitäten ein Selbstaneignen von Wissen und Können möglich wird.
Auch der organisatorische Rahmen muss genau besprochen werden bis hin zu der Frage, wer für was Verantwortung trägt. Versicherungsrechtliche Fragen und behördliche Auflagen sind als Grundvoraussetzungen vorab zu klären. Das gilt immer und aktuell zusätzlich für die Schutzmaßnahmen während der Corona-Pandemie.
Was Landwirtinnen und Landwirten oft besonders schwer fällt ist, die Inhalte zu fokussieren und nicht alle Facetten eines Themas in einem Hofbesuch zu beleuchten. Weniger ist da meist mehr und schließlich sind es die besten Erlebnisse, die langfristige Erinnerungen hinterlassen und neugierig darauf machen, sich weiterhin mit der Landwirtschaft zu beschäftigen.
Wieso wird speziell zum Thema „Landwirtschaft und Klima“ eine Fortbildung angeboten? Was ist das Besondere an diesem Themenfeld?
Landwirtschaft ist unmittelbar von den Folgen des Klimawandels betroffen (Stichwort z.B. Ernteverlust durch Dürre). Genau wie die Bereiche Energiewirtschaft, Verkehr oder Industrie ist sie auch Mitverursacher von klimarelevanten Emissionen. Ihr Anteil an der Entstehung von Treibhausgas-Emissionen beträgt ca. 7%, unterschiedlichen Quellen entspringend: Einsatz von Mineraldünger, Tierhaltung, Bodenbearbeitung, usw.
Für Schulen ist die Klimakrise ein aktuelles Querschnittsthema, welches sowohl in den naturwissenschaftlichen als auch den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern behandelt wird. Dieses komplexe und vielschichtige Thema betrifft den unmittelbaren Alltag der Lernenden und ermöglicht die Reflexion ihres Konsumverhaltens.
Auch haben wir die Situation, dass die Landwirtschaft in der öffentlichen Diskussion und den Medien kritisch in den Fokus genommen wird, Urteile oder persönliche Meinungsbilder werden oft unreflektiert übernommen und es fehlt oft schlichtweg Wissen, um die komplexen Zusammenhänge zu verstehen.
Die Fortbildung soll Landwirtinnen und Landwirte motivieren, das Thema „Klima & Landwirtschaft“ in die Bildungsarbeit am Lernort Bauernhof zu integrieren. Sie soll den Bauernhof als Lernort etablieren, an dem Arbeitsweisen erlebt, unsere regionalen Lebensmittel kennengelernt und die klimarelevanten Auswirkungen von Produktion und Konsum im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) diskutiert werden können.
Welche konkrete Hilfe wird mit dem Projekt Klima.LoB.Landwirtschaft angeboten?
Angeboten wird eine Fortbildungsreihe, bestehend aus 4 Modulen, in denen als Einstieg die Ursachen des Klimawandels, seine Auswirkungen auf die Landwirtschaft und Anpassungsstrategien behandelt werden. Anschließend werden Fragen der Konzeptentwicklung von Lerneinheiten für den Schulklassenbesuch bearbeitet, Feinkonzepte ausgearbeitet, die in einer Praxisphase der Erprobung auf dem eigenen Hof münden. Begleitend und anschließend können die Teilnehmenden auf kollegiale Beratung sowie Unterstützung aus dem Netzwerk zugreifen.
Am Ende werden die Teilnehmenden ein für ihren Betrieb passendes und erprobtes Konzept haben, das ihnen die Bildungsarbeit zum Thema Klima und Landwirtschaft ermöglicht.
Es handelt sich bei der Fortbildungsreihe um ein Projekt von der Bundesarbeitsgemeinschaft Lernort Bauernhof e.V., welches vom HeRo e.V. und dem HMUKLV finanziell gefördert wird.
Bekommen die Landwirtinnen und Landwirte ihr Engagement vergütet?
Diese Fortbildung ist für hessische Teilnehmende ein Baustein zur finanziellen Förderung ihrer Arbeit mit Schulklassen über den Integrierten Klimaschutzplan Hessen 2025. Darüber hinaus gehen wir davon aus, dass auch auf dem Markt der Bildungsanbieter die Qualität der Programme honoriert wird.