Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Boden & Gewässerschutz

Extensive Wintergetreidearten – Eine Chance für den Gewässerschutz?

Die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie hat zum Ziel, Landwirten bei der Reduktion von Nitrat- und Pflanzenschutzmitteleinträgen in Grund- bzw. Oberflächengewässer zu unterstützen. Um dieses Ziel zu erreichen, gibt es vielfältige Möglichkeiten. Eine davon ist der Anbau von extensiven Kulturen.

Emmer-Ähre zur Vollreife
Sie benötigen geringere Stickstoffmengen um ihr Ertragspotenzial ausnutzen zu können und sind dadurch in der Regel auch weniger krankheitsanfällig.
In diesem Newsletter werden ausschließlich die extensiven Wintergetreidekulturen beleuchtet. In einem späteren Newsletter werden wir auch auf andere Alternativen zu Wintergetreide (z.B. Winterleguminosen) eingehen.

Wenn die Vermarktung gesichert ist, ist der Anbau von Winterbraugerste, Brauweizen, Winterhafer, Dinkel, Emmer oder Einkorn sowohl für die Umwelt, aber auch für den Deckungsbeitrag sehr interessant. Um Erfahrungen aus der Praxis einzuholen, haben wir ein Interview mit Herrn Lars Homburg aus Naumburg-Altenstädt durchgeführt. Er bewirtschaftet einen konventionellen Betrieb pfluglos mit 150 ha Ackerland und hält zusätzlich Mastschweine. Gleichzeitig ist er Leitbetrieb in Nordhessen für die Wasserrahmenrichtlinie. In Zusammenarbeit mit dem LLH wurden schon einige Feldversuche bearbeitet wie z.B. N-Düngungsversuche bei Winterweizen und der Probeanbau von Leindotter und Emmer. Homburg beschäftigt sich fortlaufend mit neuen und innovativen Kulturen, sodass eine große Bandbreite an Kulturarten auf seinen Äckern zu finden ist. Dazu zählen neben den üblichen Ackerfrüchten Backmohn, Dinkel, Emmer, Hanf, Leindotter, Zwischenfrüchte und Buchweizen. Weiterhin ist er in ein EIP-Projekt zum Thema „Populationssorten beim Weizen“, denen eine bessere Anpassungsfähigkeit nachgesagt wird, eingebunden. Auf den folgenden Seiten finden Sie Anbauinformationen zu ausgewählten Kulturen in den Bereichen Standortwahl, Vorfrucht, Sortenwahl, Aussaat, Düngung, Pflanzenschutz, Erträge, Preise und Qualitätsparameter.

Hier steht Ihnen der WRRL-Newsletter - Extensive Getreidekulturen - Eine Chance für den Gewässerschutz? auch als Download (PDF) zur Verfügung.

Was bieten extensive Getreidearten?

Neben der Auflockerung der Fruchtfolge (zumindest bei Hafer, teilweise auch bei Dinkel, Emmer und Einkorn) und einer Steigerung der Biodiversität (durch den Einbau neuer Kulturen in die Fruchtfolge) ist der Stickstoffbedarf bei den extensiven Kulturen geringer, als bei den bekannten Getreidearten. Das entlastet die Umwelt und die Natur.
Grundsätzlich werden extensive Wintergetreidekulturen auch durch die kulturspezifischen Krankheiten der herkömmlichen Getreidearten befallen. Der geringere Düngebedarf dieser Arten führt aber meist zu einer geringeren Krankheitsanfälligkeit, wodurch Pflanzenschutzmaßnahmen in der Regel eingespart werden können. Die Marktwarenpreise liegen, abgesehen vom Winterhafer, höher, als bei herkömmlichen Getreidearten. In Verbindung mit der Kostenreduktion bei Pflanzenschutz und Düngung führt dies in der Regel zu einem höheren Deckungsbeitrag. Die Vor- und Nachteile dieser Kulturen sind in Tabelle 1 gegenübergestellt.
Alle hier aufgeführten Getreidearten haben eine eigene NC-Nummer und gelten daher beim HALM-C1 „Vielfältige Kulturen im Ackerbau“ als eigenständige Kulturen innerhalb der Fruchtfolge. Allerdings darf der Getreideanteil von 66 % nicht überschritten werden.

Tabelle 1: Vor- und Nachteile extensiver Getreidekulturen

VorteileNachteile
Höhere BiodiversitätHöhere Auswinterungsgefahr
FruchtfolgeauflockerungHöhere Saatgutkosten
Geringere Kosten (Pflanzenschutz, Düngung)Pflanzenschutz (Zulassung/Verträglichkeit)
Höhere MarktwarenerträgeGeringere Erträge

 

Extensive Getreidekulturen haben einen geringeren N-Bedarf als herkömmliche Getreidearten
und sorgen dadurch für geringere N-Überschüsse!

Risikostreuung durch Kulturarten-Diversifizierung

Zukünftig müssen wir mit einer größeren Variabilität der Witterungsverhältnisse von Jahr zu Jahr rechnen. Extermwetterereignisse wie Hitzeperioden, Starkniederschläge, sowie Wasser- und Winderosion nehmen zu, fallen aber ganz unterschiedlich aus. Eine Erweiterung des Fruchtfolgeartenspektrums kann zu einer Risikostreuung beitragen, da häufig nicht alle Kulturen gleichermaßen stark betroffen sind. Sei es durch unterschiedliche Ansprüche an die Bodenbeschaffenheit, die Nährstoffversorgung, den Wasserbedarf oder die Toleranz gegenüber Spätfrösten. Zusätzlich kann ein geringerer Stickstoffbedarf das Risiko von Stickstoffüberhängen auf der Fläche und somit den N-Austrag in Form von Nitrat oder Lachgas minimieren.
Zudem ist der Erhalt und der Aufbau der Bodenfruchtbarkeit sowie die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens von besonderer Bedeutung. Auch hier trägt eine vielfältige Fruchtfolge mit einem Wechsel von Sommer- und Winterkulturen, Blatt- und Halmfrüchten sowie dem Anbau von Leguminosen und Zwischenfrüchten dazu bei.

 

Grafik: Vorzüge von extensiven Getreidearten

Grafik: Vorzüge von extensiven Getreidearten

Anbau von extensiven Wintergetreidearten

Der folgende Text beschreibt und informiert über die einzelnen extensiven Wintergetreidekulturen in separaten Abschnitten. Durch das Interview mit Lars Homburg konnten zu den Kulturen Dinkel und Emmer bereits gesammelte Erfahrungswerte mit einfließen.

Winterbraugerste

Winterbraugerste
  • Standortwahl und Vorfrucht
    Es sollte darauf geachtet werden, dass nicht zu viel Stickstoff nachgeliefert wird, sei es aus dem Bodenvorrat (hohe Nmin-Werte, organische Düngung) oder von der Vorfrucht (Raps, Leguminosen).
  • Sortenwahl
    Die Sortenwahl wird meist durch den Anbauvertrag vorgeschrieben. In den Landessortenversuchen des LLH haben sich in den letzten Jahren besonders die Sorten Liga und Sommerset hervorgetan. Ertragsstärker, aber erst 2 bzw. einjährig geprüft waren die Sorten Zophia und KWS Donau.
  • Aussaat
    Der optimale Aussaatzeitpunkt liegt in den beiden letzten September-Dekaden. Je nach Aussaatzeit und Standort sollten zwischen 280 – 320 keimfähige Körner/m² ausgesät werden (je früher und je besser der Boden, desto weniger). Das Ziel muss es sein, möglichst große Körner zu produzieren, um den Vollgerstenanteil zu erhöhen und den Eiweißgehalt zu senken.
  • Düngung
    Die Grundnährstoffversorgung entspricht der, der Winterfuttergerste.
    Der Stickstoffbedarf liegt ca. 30 kg/ha unter dem, der Winterfuttergerste. Der Sollwert inkl. Nmin sollte demnach 150 kg/ha nicht überschreiten.
    Eine Herbstdüngung darf nur nach Getreidevorfrucht bei einem Aussaattermin bis 01.10. erfolgen, außerdem nur bei sehr geringen Nmin-Werten oder nicht geräumten, hohen Strohrestvorkommen.
    Die Frühjahresgabe sollte möglichst früh erfolgen und inkl. Nmin 100 kg/ha Gesamt-Stickstoff nicht überschreiten. Bei sehr geringen Nmin-Werten im Frühjahr (unter 20 kg/ha) kann diese auf 2 Gaben (1a und 1 b) aufgeteilt werden.
    Die 2. Gabe sollte spätestens zum Schossbeginn mit 20 – 40 kg/ha (je nach Bestands-entwicklung) gegeben werden. Eine 3. Gabe ist nicht erforderlich, da sonst die Eiweißgehalte im Korn kritisch werden können.
  • Pflanzenschutz
    Der Pflanzenschutz ist vergleichbar zur Winterfuttergerste, wobei besonders auf Ährenfusarium und Blattläuse (Virusübertragung) zu achten ist. Durch das geringere N-Angebot ist der Krankheitsdruck in der Regel geringer als bei Futtergerste. Werden jedoch Schadschwellen von Krankheiten, Schadpflanzen und/oder Schadinsekten überschritten, sind auch bei Winterbraugerste Bekämpfungsmaßnahmen zu empfehlen.
  • Erträge, Preise und Qualitätsparameter
    Im Schnitt der letzten 3 Jahre lag die Winterbraugerste auf dem Versuchsstandort Griesheim über alle Behandlungsvarianten 8 dt/ha unter dem Mittel der 2-zeiligen Futtergerste. Die derzeit zu erzielenden Preise für die Ernte 2019 liegen ca. 2 – 3 € über den Futtergerstenpreisen. Damit würden höhere Geldroherträge je ha erzielt und zusätzlich noch Kosten über geringere Düngung und Pflanzenschutz eingespart.
    Die Qualitätsparameter werden über den Anbauvertrag definiert. Wichtige Eckdaten sind aber immer ein niedriger Eiweißgehalt (zwischen 9 und 11 %), ein hoher Vollgerstenanteil von über 90 % und eine Keimfähigkeit von mindestens 95 %.

Winterbrauweizen

  • Standortwahl und Vorfrucht
    Auch bei Winterbrauweizen ist auf die Stickstoff-Nachlieferung (Bodenvorrat, Vor-frucht, organische Düngung) zu achten. Ein hohes N-Angebot aus dem Boden erhöht die Gefahr der überhöhten Eiweißbildung im Korn.
  • Sortenwahl
    Bei Brauweizen werden die Sorten meist durch den Anbauvertrag vorgeschrieben. Allgemein eignen sich ertragreiche B- und C-Weizensorten recht gut. In den Landessortenversuchen des LLH in Griesheim standen zwei Sorten mit Brauweizen-Eigenschaften, Elixer (C) und Boss (B).
  • Aussaat
    Die Aussaat kann ab Ende September beginnen und sollte bis Ende Oktober abgeschlossen sein. Der frühere Aussaattermin begünstigt die Abreife, der spätere Termin lässt eine bessere Gräserregulierung im Herbst zu. Je nach Lage und Aussaatzeitpunkt sollten zwischen 250 und 350 Pflanzen/m² ausgedrillt werden.
  • Düngung
    Der Brauweizen hat den gleichen Grund-Nährstoffbedarf, wie Futterweizen.
    Der N-Bedarf liegt wegen des geringeren Ertragsniveaus (ca. 70 dt/ha) bei ca. 190 kg N/ha (inkl. Nmin). Die 1. Gabe sollte, ähnlich wie bei Futterweizen, die 100 kg/ha (inkl. Bodenstickstoff im Frühjahr) nicht überschreiten. Die zweite Gabe sollte je nach Region und Ertragserwartung ca. 50 kg nicht überschreiten. Die 3. Gabe sollte, wenn überhaupt nötig, je nach Ertragserwartung bei maximal 40 kg/ha liegen und möglichst früh (EC 47 – 49, auf Trockenstandorten sogar EC 39) appliziert werden.
  • Pflanzenschutz
    Beim Pflanzenschutz ist, ähnlich, wie bei der Winterbraugerste, auf Ährenfusarium zu achten. Durch die geringeren N-Gaben ist der Krankheitsdruck in der Regel geringer, als bei Futterweizen, dennoch sind Schaderreger und Unkrautpflanzen nach Überschreitung von Schadschwellen zu bekämpfen. Eine Verbesserung der Standfestigkeit ist ratsam und sollte sortenspezifisch eingesetzt werden.
  • Erträge und Preise
    In den LSV sind keine Ertragsvergleiche zwischen Futterweizen und Brauweizen durchgeführt worden. Die Stickstoff-Optimierungsversuche des LLH zeigen aber, dass sich die Reduzierung der 3. Gabe über ein geringeres TKG auf den Ertrag auswirkt. Bei einem Ertragsverlust von ca. 10 dt/ha gegenüber Backweizen sollten Mehrerlöse von 2 Euro/dt. erzielt werden, um einen vergleichbaren Deckungsbeitrag zu erwirtschaften.
    Auch beim Brauweizen werden die Qualitätsparameter über den Vertragsanbau definiert, wobei meist ein geringer Eiweiß-Gehalt (max. 11,5 %) und eine hohe Keimfähigkeit (min. 95 %) gefordert wird.
    Eine Sortenvorgabe ist selten. Angenommen werden meist alle B- bzw. C-Weizen mit einem Eiweiß-Gehalt von weniger als 11,5 %.

Winterhafer

Winterhafer
  • Standortwahl und Vorfrucht
    Winterhafer hat relativ geringe Ansprüche an die Standortwahl. Zu humose Böden sind wegen der späten N-Nachlieferung und der daraus resultierenden ungleichmäßigen Abreife der Rispen zu meiden. Eine ausreichende Wasserversorgung ist wichtig. Hafer hat im Vergleich zu allen anderen Getreidearten den höchsten Wasserbedarf. Die Winterhärte von Winterhafer liegt noch unterhalb der von zweizeiliger Wintergerste. Auswinterungsgefährdete Lagen sollten daher gemieden werden.
  • Sortenwahl
    Laut Bundessortenamt ist derzeit 1 Winterhafersorte zugelassen und eine über den EU-Katalog vertriebsfähig. In Hessen und Rheinland-Pfalz laufen derzeit keine Landessortenversuche zu Winterhafer.
  • Aussaat
    Die optimale Aussaatzeit bei Winterhafer liegt zwischen Ende September bis Mitte Oktober. Winterhafer besitzt ein gutes Regenerationsvermögen und bestockt gut. Die Aussaatstärke sollte daher, je nach Lage und Aussaatzeit ca. 250 bis 350 keimfähige Körner / m² betragen.
  • Düngung
    Der Sollwert bei Winterhafer liegt für Stickstoff bei 130 kg/ha (inkl. Nmin). Je nach Bodenvorrat benötigt der Winterhafer im Frühjahr zu Vegetationsbeginn ca. 40 bis 60 kg Stickstoff. Im Stadium 30 – 32 sollten nochmals ca. 40 – 50 kg N/ha und zum Fahnenblattschieben nochmals 20 – 40 kg N/ha gegeben werden. Zu viel Stickstoff verzögert die Abreife und kann sich so negativ auf die Qualität auswirken.
    Eine gute Kali-Versorgung stärkt die Winterhärte und verbessert den Wasserhaushalt der Pflanzen.
  • Pflanzenschutz
    Bezüglich Pflanzenschutz sind bei Winterhafer gegenüber Sommerhafer keine Besonderheiten zu beachten. Blattläuse können als Vektoren zur Virusübertragung zu einem Problem werden. Auch hier gilt die Beachtung der Schaderregerbekämpfung über Schadschwellen.
    Der Einsatz von Wachstumsreglern zur Verbesserung der Standfestigkeit wird empfohlen.
  • Erträge und Preise
    Winterhafer hat im Vergleich zu Sommerhafer eine längere Vegetationszeit und nutzt die Winterfeuchtigkeit besser aus. Dazu ist er meist auch deutlich früher in der Abreife. Mehrerlöse sind nicht über den Marktpreis, aber über das deutlich höhere Ertragsniveau zu erzielen. Das HL-Gewicht ist aber meist geringer, als bei Sommerhafer.

Dinkel

Dinkelbestand
  • Standortwahl und Vorfrucht
    Die Standortansprüche von Dinkel sind bezüglich Witterung und Bodenansprüche geringer, als von Weichweizen. Allerdings ist der Wasserbedarf höher, daher sollte Dinkel nicht auf trockneren Standorten angebaut werden.
    Je mehr die Sorten züchterisch bearbeitet wurden, desto mehr leidet die Winterhärte und der ernährungsphysiologische Wert.
  • Sortenwahl
    Derzeit sind 7 Dinkelsorten in Deutschland für den Anbau zugelassen. Ein Landessortenversuch wird in Hessen unter ökologischen Richtlinien durchgeführt, wobei gute Sorten im Mittel über
    60 dt/ha Ertrag erzielen. Bayern und Baden-Württemberg haben Sortenversuche auch im konventionelle Anbau.
    Der Standorteinfluss ist bei Dinkelsorten größer, als bei Weichweizen. Daher ist es ratsam, Dinkelsorten auf dem eigenen Standort zuerst probeweise anzubauen.
  • Aussaat
    Die Aussaatstärke sollte bei 300 – 350 keimfähigen, entspelzten Körnern/m² liegen. Werden Vesen (Spelze mit 2 Körnern) ausgedrillt, entspricht das 160 – 180 Vesen/m². Der Gebrauch von entspelztem Saatgut ist aus arbeitstechnischen Gründen zu empfehlen, da die Ablage in den Boden bei Vesen schwierig ist.
    Dinkel ist spätsaatverträglich. Aussaaten sollten ab Oktober bis Mitte November erfolgen. Die Ablagetiefe liegt bei 3 – 7 cm, was dem höheren Wasserbedarf geschuldet ist. Je feuchter die Böden, desto geringer die Ablagetiefe.
  • Düngung
    Die Grunddüngung entspricht in etwa der, des Weichweizens und sollte nach Bodenanalyse erfolgen. Der Sollwert der Stickstoffdüngung liegt für Dinkel bei einem Ertragsniveau von ca. 60 dt. bei 175 kg/ha inkl. Nmin. Die N-Verteilung sollte je nach Bodenvorrat verstärkt über die Startgabe im Frühjahr bzw. Schossergabe gegeben werden. Anzustreben sind 45 – 60 kg N zum Start, 60 – 70 kg N zum Schossen und ca. 50 kg N zum Ährenschieben.
  • Pflanzenschutz
    Ähnlich, wie bei Weichweizen, sollte auf Fußkrankheiten und eine Ährenbehandlung geachtet werden. Im Blattapparat ist Dinkel meist anspruchsloser, als Weichweizen, kann aber alle Krankheiten bekommen, die auch bei Weichweizen auftreten. Behandlungen sollten nach dem Schadschwellenprinzip vorgenommen werden.
    Wichtig ist die Halmeinkürzung um Lager zu vermeiden. Dazu sind in der Regel 2 Behandlungen notwendig.
  • Erträge und Preise
    Das Ertragsniveau der heutigen Sorten liegt ca. 10 % unter Weizen-Niveau. Die Preise liegen ca. 2 bis 3 €/dt für bespelzne Ware über dem Weizenpreis. Damit ist der Dinkelanbau durchaus eine lukrative Alternative. Die Absatzwege gehen aber meist nach Baden Württemberg, wodurch sich die Frachtkosten erhöhen.
Landwirt Homburg baut seit mittlerweile 5 Jahren Dinkel an und vermarktet diesen an regionale Bäckereien. Er sät den Dinkel auf leichteren bzw. schwächeren Standorten aus, da Dinkel weniger Bodenansprüche als Weizen stellt. Das Düngeniveau liegt auf seinem Betrieb zwischen 150-180 kg N/ha. Damit kann er im Schnitt 75 dt/ha ernten, wobei im Trockenjahr 2018 ein deutlicher Ertragsrückgang auf 60 dt/ha zu verzeichnen war. Wichtig beim Dinkel ist, die schnellere Abreife im Vergleich zum Weizen. Das entzerrt auch die Arbeitsspitze der Weizenernte. Der Dinkel steht aktuell noch in einer Rapsfruchtfolge mit hohem Getreideanteil. Allerdings hat Herr Homburg den Raps aus seiner Fruchtfolge genommen. Alternativ möchte er zukünftig die weiße Süßlupine als Leguminose in die Fruchtfolge einbringen. Zu Anfang hat er den Dinkel bespelzt ausgesät, dies verstopfte oft die Särohre. Mittlerweile besitzt er eine Entspelzungsanlage und kann den Dinkel somit problemlos nachbauen und sät den Dinkel unbespelzt aber ungebeizt aus. Mit den Pflanzenschutzmitteln, wie Herbizide, Fungizide etc., die für den Dinkel zugelassen sind, kommt man gut zurecht. Allerdings sind nicht alle Mittel, die für den Weizen zulässig sind gleichzeitig für den Dinkel erlaubt. Herr Homburg verwendet im Normalfall nur Wachstumsregler.

Emmer und Einkorn

  • Standortwahl und Vorfrucht
    Einkornähre

    Emmer und Einkorn gelten als anspruchslose Getreidekulturen. Sie eignen sich daher sehr gut für schlechtere Standorte und leichtere Böden. Die Jugendentwicklung beider Arten (besonders Einkorn) ist langsam, nach der Bestockung holen sie aber gegenüber Weichweizen wieder auf.
    Der Vorfruchtanspruch ist gering, es sollte aber auf eine geringe N-Nachlieferung geachtet werden, da beide Kulturen eine recht geringe Standfestigkeit besitzen. Da die Fallzahlen relativ schnell abbauen, sind Standorte zu bevorzugen, bei denen die Auswuchsgefahr gering ist.
  • Sortenwahl
    Derzeit sind in Deutschland keine Sorten eingetragen. Es gibt jedoch einige Züchter, die zumindest bei Emmer „Sorten“ anbieten und auch versuchen, ihn züchterisch zu bearbeiten. In Deutschland sind je 2 „Sorten“ erhältlich. Da es sich um Bio-Saatgut handelt, sind die Saatgutkosten relativ hoch.
  • Aussaat
    Die optimale Aussaatzeit liegt zwischen Ende September bis Mitte Oktober.
    Das Saatgut wird bespelzt angeboten. Die optimale Aussaatstärke von Emmer und Einkorn liegt zwischen 300 – 350 keimfähigen Körnern/m² bzw. 120 kg/ha im Spelz. Die Ablagetiefe sollte je nach Beschaffenheit des Bodens bei 3 – 5 cm liegen.
  • Düngung
    Die Grunddüngung ist ähnlich, wie bei Weichweizen bzw. Dinkel.
    Die Anforderungen an Sticktstoff sind recht gering. Der Stickstoff-Sollwert für Emmer und Einkorn liegt inkl. Nmin bei 100 kg N/ha. Die erste Gabe sollte eher verhalten sein (max. 50 kg N/ha inkl. Nmin) und der Rest sollte zwischen EC 30 und 49 appliziert werden.
    Wichtig dabei ist, auf die N-Nachlieferung und die Bodenqualität der Standorte zu achten.
  • Pflanzenschutz
    Emmerkörner mit Spelz

    Durch die langsame Jugendentwicklung kann eine Unkrautbehandlung im Frühjahr auch mechanisch erfolgen. Pflanzenschutzmittel mit der Zulassung in Weizen oder Getreide sind einsetzbar, meist aber nicht geprüft und können eventuell phytotoxisch wirken. Daher sollte man sich im Vorfeld schon über geeignete Pflanzenschutzmittel erkundigen.
    Der Blattapparat ist relativ gesund, es können in feuchten Jahren aber Mehltau und Rostkrankheiten auftreten.
    Wichtig ist, die Standfestigkeit zu verbessern. Hier sind bis zu 2 Gaben ratsam.
    Bei den in Südhessen angebotenen Verträgen ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Wachstumsreglern allerdings nicht erlaubt.
  • Erträge und Preise
    Die Ernte beginnt später, als bei Winterweizen, was die Arbeitsspitzen entzerrt. Das Ertragsniveau liegt bei Einkorn bei ca. 15 – 30 dt/ha bespelzter Ware, bei Emmer zwischen 25 bis 40 dt bespelzter Ware. Nach Abzug der Spelz- und Bruchkornverluste bleiben Kernerträge von 10 – 20 dt/ha bei Einkorn und 15 – 30 dt/ha bei Emmer übrig. Die uns bekannte Vermarktung erfolgt über bespelzte Ware. Die Preise lagen bei ca. 80 % (Emmer) bzw. 100 % (Einkorn) über den Weichweizenpreisen. Wenn die Vermarktung gesichert ist, ist der Anbau auch finanziell sehr interessant.
Homburg hat seit drei Jahren Emmer im Anbau. Das Saatgut wurde im Zuge von gemeinsamen Versuchen vom LLH bereitgestellt. Den Emmer baut er auf Grenzstandorten an und erzielt mit einer Getreide-Vorfrucht Erträge von ca. 30 dt/ha. Diesen hat er zum Vergleich auch schon auf guten Böden angebaut und vergleichbare Erträge erzielt. Der Pflanzenschutz gestaltet sich beim Emmer schwieriger, da viele Mittel, die im Getreideanbau verwendet werden, keine Zulassung haben. Daher wählt Homberg hier eine integrierten Ansatz. Zur Unkrautbekämpfung nutzt er einen Striegel und führt zur Einkürzung des Emmers eine Wachstumsreglerbehandlung durch. Trotzdem geht Emmer oft ins Lager. Nach Aussage von Homburg lässt er sich aber gut ernten.

Vermarktung von extensiven Getreidearten

Neben der Vermarktung über die aufnehmende Hand bietet sich besonders bei Dinkel, Emmer und Einkorn auch die Möglichkeit, sich direkt an Mühlen oder Bäcker zu wenden. Diese sind oft bereit, über regionale Vermarktungskonzepte auch extensive Getreidearten zu verarbeiten. Weiterhin empfiehlt sich im Vorfeld eine Deckungsbeitragsrechnung mit den jeweiligen Vertragspreisen durchzuführen. Meist wird von den Vertragspartnern neben den Qualitätsparametern auch die Sorte vorgegeben, teilweise wird auch der Einsatz von bestimmten Pflanzenschutzmitteln verboten.

 

Vor dem Anbau extensiver Getreidekulturen sind deren Vermarktung und Preise
mit dem jeweiligen Handelspartner zu klären und die Deckungsbeiträge zu ermitteln!

 

Landwirt Homburg ist über Umwege zur regionalen Vermarktung des Dinkels gekommen, da eigentlich der Verkauf nach Baden-Württemberg geplant war. Durch bereits bestehende Kontakte zu Bäckereien in der Nähe, über den Verkauf des Backmohns und eine langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit, waren die Bäckereien bereit den Dinkel in ihr Sortiment aufzunehmen. Homburg vermarktet nebenbei noch Dinkelkörner und Dinkelmehl in 2,5 kg Packungen ab Hof und verkauft mehreren Direktvermarktern Dinkelgries für die Herstellung von Dinkelnudeln. Darüber hinaus verkauft er Mohn und Hanfsamen in 500 g bzw. 1 kg Packungen auf seinem Betrieb.
Sein Tipp: Wenn der Anbau von extensiven Getreidekulturen ein Thema ist, sollte im Vorfeld der Abnehmer feststehen, um gewisse Anforderungen, die der Abnehmer hat, auch erfüllen zu können (z.B. fixe Sorten). Dadurch wird eine gesicherte Abnahme gewährleistet. Man muss selbst aktiv werden und potenzielle Abnehmer suchen. Vorhandene Kontakte können dabei oft ausgebaut werden. Wichtig seien Verladungsmöglichkeiten im eigenen Betrieb, um flexibel agieren zu können.
„Es muss ja nicht sofort Emmer oder Einkorn sein, aber auf Grenzstandorten, wo der Weizenanbau nicht mehr funktioniert, können Kulturen wie Roggen oder Dinkel eine Alternative bieten.“

Schlussfolgerungen

Die Nachfrage der Verarbeiter nach Winterbraugetreide bzw. der Verbraucher nach ernährungsphysiologisch gesünderem Brotgetreide wächst stetig. Ein weiterer Grund ist die gesetzliche Vorgabe, die einen Maximalwert von 50 kg N/ha als Überschuss im Betrieb erlaubt. Extensive Kulturen können dazu beitragen, die N-Salden zu reduzieren. Der Anbau dieser extensiven Wintergetreidekulturen wird zwar immer eine Nischenproduktion bleiben, bietet aber regional doch die Möglichkeit, Kulturen anzubauen, die mit weniger Stickstoff und Pflanzenschutz auskommen und auf schwächeren Standorten ihr Potenzial nutzen können. Gerade im Sinne der Umsetzung der WRRL sollten wir von Seiten der Landwirtschaft diese Chancen auch nutzen.
Für weiterführende Fragen können Sie sich gerne an Ihre regionale Pflanzenbauberatungskraft oder das WRRL-Team wenden.

Literatur


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