Nachhaltige Bauernhöfe
Nachlese zur „100nB-Tour“: Bauernhof Familie Koch
Im Rahmen der 100nB-Tour im Projekt „100 nachhaltige Bauernhöfe“ besuchen wir im Frühling und Herbst 2023 ausgewählte Betriebe im Netzwerk. Die dritte und letzte Station in diesem Jahr war der Bauernhof Familie Koch in Volkmarsen-Külte am 5. Oktober.
Schwerpunkte dieser 100nB-Tour waren Regionalität in der Tierhaltung (Mastschweine und Legehennen), die Direktvermarktung im
Hofladen Koch’s WurschtelEi mit angegliedertem Hofcafé und der Weg zu mehr Nachhaltigkeit im Ackerbau.
In der Tierhaltung achtet Familie Koch verstärkt auf Regionalität und kurze Kreisläufe. Ferkel und Legehennen werden von Betrieben im Umkreis von 120km bezogen, zusätzlich hat sich Familie Koch für einen Legehennenzüchter mit eigener Bruderhahnaufzucht entschieden. Die 430 Legehennen der Familie Koch bewohnen ein AFP-gefördertes Hühnermobil direkt hinter der Hofstätte. Am Ende ihrer Legeperiode werden die Hennen vor Ort im Schlachtmobil geschlachtet und über den Hofladen als Suppenhühner vermarktet.
In der Schweinehaltung plant Familie Koch aktuell den Wiedereinstieg in die eigene Ferkelproduktion für die Direktvermarktung, um innerbetrieblich flexibler zu sein und die Marktabhängigkeit zu reduzieren. Geschlachtet werden die Schweine bei einem Metzger im Ort. Durch die lokale Verarbeitung und Vermarktung kann das ganze Tier verwertet und so die Verschwendung von Lebensmittel eingedämmt werden.
Die kurzen Wege reduzieren Transportemissionen aber auch den Stress der Tiere während der Transporte. Familie Koch profitiert von den persönlichen Netzwerken und Beziehungen in der Region, die Flexibilität und das Eingehen auf individuelle Wünsche ermöglichen.
Wie viele schweinehaltende Betriebe steht Familie Koch vor einer unsicheren Zukunftsperspektive. Um den Betrieb zu diversifizieren und damit langfristig zu erhalten, hat sich die Familie für den Weg der Direktvermarktung entschieden. Damit ist ein Teil der Mastschweine vom großen Stall abseits des Dorfs zurück zur Hofstätte gezogen. Die direkt vermarkteten Schweine werden zum Teil auf Stroh gehalten und länger gemästet, was dem Tierwohl und der Fleischqualität zugutekommt. Der Hofladen wurde über eine Kombination aus eigener Investition, Dorferneuerung und FID-Förderung finanziert. Die Stallfenster und zusätzlich die zentrale Lage des Hühnermobils ermöglicht der Kundschaft realistischen Einblick in die lokale Tierhaltung. Damit schafft Familie Koch ein Vertrauensverhältnis zu Besucherinnen und Besuchern. Der Kontakt fördert den Wissenstransfer über die Landwirtschaft und stärkt, wie Renate Koch aus ihren Gesprächen mit Kundschaft berichtet, auch das Verständnis für oft kritisch gesehene Betriebsabläufe, wie beispielsweise das Ausbringen von Gülle oder die (teilweise) Haltung der Tiere auf Spalten.
Der Hofladen der Familie Koch hat seit Eröffnung im Dezember 2022 sehr gute Resonanz erhalten. Vor allem das vielfältige regionale Sortiment, und das Angebot von Café, Kuchen und kleinen Mahlzeiten scheinen in der Region gut anzukommen. Im Vergleich zur Fleischvermarktung über den Schlachthof reduziert die direkte Vermarktung Transportemissionen und schafft für den Betrieb eine gewisse wirtschaftliche Unabhängigkeit vom Lebensmitteleinzelhandel. Hervorzuheben ist allerdings der hohe Zeitaufwand für die Verarbeitung, die Bestückung des Hofladens. die Betreuung der Verkaufstheke und alle anderen anfallenden Arbeiten in einem Hofladen.
Von der Qualität von Kuchen und Wurstwaren konnten sich die teilnehmenden Praktiker, Auszubildende, LLH-Beratungskräfte sowie Mitarbeitende der Agrarverwaltung des Landkreises und aus dem benachbarten NRW in der Pause selbst überzeugen.
Ein weiterer Schwerpunkt dieser 100nB-Tour war der Weg der Familie Koch zum nachhaltigen Ackerbau. Familie Koch setzt hier auf Minimalbodenbearbeitung mit Grubber und Direktsaat, den Anbau von Ackerbohnen und den freiwilligen Verzicht auf Glyphosat zum Schutz des Bodens und der Artenvielfalt. Im Gespräch mit Hofnachfolgerin Rebecca Koch zeigte sich, dass der Betrieb hier in Zukunft einen weiteren Schwerpunkt legen möchte, um die Betriebskosten für Düngemittel und Pflanzenschutzmittel zu senken und um die Akzeptanz der umliegenden Bevölkerung für die Landwirtschaft zu erhöhen. Dazu tragen beispielsweise auch Blühflächen an den Wegrändern bei, die 2022 gemeinsam mit der örtlichen Grundschule angelegt wurden.
Die Illustratorin Melanie Flore hat den Tag mit einem Graphic Recording zeichnerisch dokumentiert:
Hintergrund:
Die Betriebsbesuche der 100nB-Tour zielen darauf ab, nachhaltige Produktions- und Vermarktungsansätze in der Landwirtschaft zu identifizieren, die auf wirtschaftlicher Ebene gut funktionieren, und zusätzlich einen positiven Effekt auf das ökologische und soziale Gefüge des Betriebs und seines Umfelds haben.
Lesen Sie hier die Nachlesen der ersten 100nB-Tour zum Quellwiesenhof in Wildeck und die der zweiten 100nB-Tour zur Dairy Farm Wien in Friedrichsdorf.